Polens Regierungschef übt scharfe Kritik an Nord Stream 2

  11 Januar 2020    Gelesen: 971
Polens Regierungschef übt scharfe Kritik an Nord Stream 2

Polens Premier Morawiecki nennt die Ostseepipeline Nord Stream 2 "einen Schritt in die falsche Richtung". Er fürchtet, dass sich Europa von Russland erpressbar macht.

Vor dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hat Polen scharfe Kritik an der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 geübt. "Nord Stream 2 ist ein Schritt in die falsche Richtung", sagte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki der "Welt". Es gebe ein "Worst-Case-Szenario", das es zu vermeiden gelte: "Moskau darf nie in der Lage sein, die EU mit einem Gaslieferstopp zu erpressen."

Zugleich hat der polnische Regierungschef nach eigenen Worten kaum Hoffnung, dass das Projekt durch die jüngsten US-Sanktionen gestoppt werden kann. Diese würden das Projekt vermutlich "verzögern, aber nicht beenden", sagte Morawiecki. "In Polen wäre es uns natürlich am liebsten, der Bau von Nord Stream 2 wäre nie begonnen worden."

Merkel trifft Putin am Samstag in Moskau. Dabei wird es auch um die Zukunft der Ostsee-Pipeline gehen. Die USA hatten Sanktionen gegen die Firmen verhängt, die bisher die unterseeischen Rohre verlegt hatten. Russland hat die Fertigstellung der umstrittenen Pipeline bis Ende 2020 zugesagt. Es könne die abschließenden Arbeiten selbst vornehmen. Von den 2100 Kilometern der umstrittenen Ostseepipeline fehlen nur noch rund 300.

Polens langer Weg zur Kohlenstoffneutralität
Im Mittelpunkt des Treffens zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Wladimir Putin werden nach Angaben der Bundesregierung aktuelle internationale Themen stehen, darunter die Lage in Syrien, in Libyen, im Irak, im Iran und in der Ukraine. Zudem sollen bilaterale Fragen besprochen werden. Die Kanzlerin wird von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nach Moskau begleitet.

Morawiecki warf Deutschland im Vorfeld des Treffens erneut mangelnde Unterstützung der Nato vor. "Wenn es in der Nato an etwas krankt, dann an fehlendem Engagement der Mitglieder", sagte Morawiecki in dem Interview. "Unter anderem Frankreich und Deutschland sind bisher nicht ihren selbst gemachten Versprechen nachgekommen, zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Wie soll die Nato so leisten, was man von ihr erwartet?" Der polnische Ministerpräsident hatte schon öfter Deutschlands Verteidigungsausgaben kritisiert.

Deutlich protestierte Morawiecki zudem gegen die Aussage des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, die Nato sei "hirntot". "Ich widerspreche Macrons Diagnose entschieden", sagte Morawiecki. "Wir erleben im Osten Europas eine Stärkung der Verteidigungszusammenarbeit innerhalb des Bündnisses." Die USA bezeichnete er als zentralen Pfeiler der Sicherheit Polens. "Washington spielt nach wie vor eine zentrale Rolle dabei, die Sicherheit in Europa zu garantieren."

Morawiecki vereidigte in dem Interview mit der "Welt" zugleich die Energiepolitik seines Landes, das derzeit zu 80 Prozent von Kohle abhängig ist. Polens Energiemix sei "die Folge von Entscheidungen, die die Sowjetunion für uns getroffen hat", sagte Morawiecki der "Welt". Polen stimme mit dem grundsätzlichen Ziel, dass Europas Energieversorgung umweltschonender werden müsse, überein. "Gleichzeitig bitten wir unsere Partner anzuerkennen, dass Polen einen längeren Weg zur Kohlenstoffneutralität zurücklegen muss als viele andere EU-Staaten", sagte Morawiecki.

spiegel


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