Volksfeststimmung auf der National Mall im Herzen der US-Hauptstadt Washington DC. Schülergruppen, Geistliche, Männer, Frauen, Schwarze, Latinos, Weiße: Sie alle nehmen am "March for Life" teil, der größten Anti-Abtreibungsdemo des Landes. Viele halten Schilder hoch: "Lasst die Babys leben", ist einer der häufigsten Sprüche. Betty nimmt seit Jahren an der Demo teil. Sie möchte den Babys eine Stimme geben, die von ihren Müttern abgetrieben wurden.
"Abtreibungen sind des Teufels" steht auf einem anderen Schild geschrieben. Die meisten hier sind religiös, einige begründen ihre ablehnende Haltung gegenüber Abtreibungen mit Bibelversen. Andere schrecken auch vor kruden Vergleichen nicht zurück.
So wie Nancy, die Abtreibungen mit dem Holocaust vergleicht. "Sie sollten es wissen, sie kommen doch aus Deutschland", sagt sie. Was in Deutschland während des Zweiten Weltkrieges passiert ist, passiert jetzt hier. Mehr als 60 Millionen Babys sind seit den 1970er-Jahren abgetrieben worden. Sehen sie die ganzen Schüler hier? Ein Drittel ihrer Freunde ist nicht hier, weil sie abgetrieben wurden."
Trump geht einen Schritt weiter
In der Vergangenheit haben schon einige US-Präsidenten ihre Sympathie mit der Bewegung zum Ausdruck gebracht. Der jetzige Mann im Weißen Haus geht noch einen Schritt weiter, er will hier gleich auftreten. Sehr zur Begeisterung seiner Anhänger. Seine Teilnahme sei großartig für Bewegung, findet Bryan.
Donald Trump weiß, wie wichtig die Gruppe der Abtreibungsgegner für seine Wiederwahl ist. Viele von ihnen gehören den Evangelikalen an. Und die braucht Trump. Ein durchsichtiges Manöver? Vielleicht. Trotzdem ist Bryan davon überzeugt, dass es Trump ernst ist und das er das gleiche glaubt wie sie.
Das Gedrängel wird größer. In wenigen Minuten soll Trump auf der Bühne stehen. Vorher wird noch gesungen. Viele fassen sich an die Brust. Dann kommt der 45. Präsident der Vereinigten Staaten auf die Bühne und sagt, was die Menge hören will. Dass es ihm eine Ehre sei, als erster Präsident am "March for Life" teilzunehmen. "Ungeborene Kinder hatten noch nie einen stärkeren Beschützer im Weißen Haus", ruft er aus.
Attacken gegen die Demokraten
Während in direkter Nachbarschaft die Demokraten im Kongress die Anklage im Impeachment-Verfahren gegen Trump präsentieren, nutzt der Präsident die Kulisse der Abtreibungsgegner. Er wechselt in den Angriffsmodus und arbeitet sich an den Demokraten ab. "Sie sind hinter mir her, weil ich für Euch kämpfe, und wir kämpfen für diejenigen, die keine Stimme haben", sagte er in seiner 13-Minuten-Rede in Anspielung auf das Amtsenthebungsverfahren. "Und wir werden gewinnen, weil wir wissen, wie man gewinnt."
Die Demokraten würden sich angeblich dafür einsetzen, dass Babys auch nach der Geburt noch getötet werden dürften. Eine Lüge - allerdings eine, die sich weit unter seinen Anhängern verbreitet hat. Dann verlässt der US-Präsident die Bühne wieder, die Menge scheint zufrieden. Sollten sie alle im Herbst Trump wählen, ist er es auch.
tagesschau
Tags: