Sie ist rund 30 Jahre alt, aber ein echter Klassiker: In der Folge "Frische Fische mit drei Augen" der US-Zeichentrickserie "Die Simpsons" spielt ein Fisch namens Blinky eine wichtige Rolle. Dieses bedauernswerte Geschöpf mit, nun ja, drei Augen hat Bart beim Angeln aus einem See in der Nähe des Atomkraftwerks geholt, in dem sein Vater arbeitet. Der Hintergrund der Mutation: In dem Atommeiler hält man sich nur sehr selten an Sicherheitsbestimmungen, eine Inspektion findet später genau 324 Regelverstöße.
Mit einer anderen Art von deformiertem Wasserbewohner, die allerdings ähnlich verstörend aussieht wie der dreiäugige Fisch der "Simpsons", hatten es Forscher im US-Bundesstaat Kalifornien im Jahr 2011 zu tun. Im Sacramento-San Joaquin River Delta waren ihnen große Mengen an Fischen mit einer fehlgebildeten Wirbelsäule aufgefallen. Sie alle gehörten zur Art mit dem englischen Namen Sacramento splittail (Pogonichthys macrolepidotus), die zur Familie der Weißfische zählt.
Im Fachmagazin "Environmental Science and Technology" berichtet ein Team um Rachel Johnson von der US-Wetterbehörde NOAA und der University of California Davis nun darüber, was sich damals wohl zugetragen hat: Auch wenn einige Fragen offen bleiben, wurden die Fische offenbar einer großen Belastung mit dem chemischen Element Selen ausgesetzt. Die Substanz habe dafür gesorgt, dass sich die Wirbelsäule der Tiere so stark verkrümmte, so die Forscher.
"Chronik der Selenbelastung von der Geburt bis zum Tod"
Selen ist ein wichtiges Spurenelement für Menschen und Tiere. Fehlt es in der Nahrung, können Mangelkrankheiten auftreten. Umgekehrt kann eine Überversorgung mit Selen aber auch für Missbildungen sorgen - wie offenbar im Fall der Fische. Der Stoff kommt in geringen Mengen natürlich vor, etwa im Boden. In der Landwirtschaft wird Selen unter anderem als Düngemittelzusatz und als Nahrungsergänzungsmittel für Rinder eingesetzt.
Die Forscher hatten rund 800 deformierte, aber noch lebende Tiere eingesammelt und für mehrere Jahre in Aquarien an der University of California Davis gehalten. In der Zwischenzeit arbeiteten sie an den Untersuchungsmethoden, um dem Schicksal der Fische auf die Spur zu kommen. Entscheidende Hinweise fanden sie bei der Analyse sogenannter Statolithen. Das sind kleine Steine, die der Körper selbst ausbildet und die im Gleichgewichtsorgan der Tiere zu finden sind.
"Wir fanden heraus, dass die Statolithen eine Chronik der Selenbelastung von der Geburt bis zum Tod lieferten und gleichzeitig der Schlüssel zur Aufklärung dieses Rätsels waren", so Forscherin Johnson. Das Team konnte zeigen, dass die betroffenen Tiere das Selen auf gleich zwei Wegen aufgenommen hatten: über ihre Mütter, die die Substanz im Eiweiß ihrer Eier eingelagert hatten, sowie zusätzlich über die Umgebung im San Joaquin River. Die betroffenen Fische fressen gern eine bestimmte Art von Muscheln, in der sich das Selen wiederum anreichert, weil die Muscheln das Wasser filtern.
spiegel
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