Raketen auf syrische Spitäler

  16 Februar 2016    Gelesen: 1042
Raketen auf syrische Spitäler
In Nordsyrien haben Luftangriffe auf Gesundheitseinrichtungen und Schulen Dutzende von Menschenleben gefordert. Die Kriegsparteien überbieten sich mit Schuldzuweisungen.
In den syrischen Provinzen Idlib und Aleppo sind am Montag bei Luftangriffen auf fünf Spitäler und zwei Schulen nach Angaben der Uno rund 50 Menschen getötet worden. Zerstört wurde unter anderem eine Klinik, die mit der Hilfsorganisation Médecins sans Frontières (MSF) zusammenarbeitete. Sie wurde nach Angaben des Personals innerhalb weniger Minuten viermal getroffen. Die Hilfsorganisation sprach von einem anscheinend «gezielten Angriff». Acht Mitarbeiter von MSF und zahlreiche Patienten wurden am Montagabend noch vermisst.

Zehntausende ohne Versorgung

Das sechsstöckige Gebäude in der Stadt Maret al-Numan stürzte vollständig in sich zusammen. Der Beschuss medizinischer Einrichtungen verstösst gegen das Kriegsvölkerrecht. Frankreichs Aussenminister Jean-Marc Ayrault verurteilte die Angriffe denn auch als Kriegsverbrechen.

Der Präsident von MSF Frankreich, Mego Terzian, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, entweder seien russische oder syrische Regierungstruppen für die Attacke verantwortlich. Aufgrund der Zerstörung der Klinik in der Provinz Idlib seien nun rund 40 000 Menschen ohne Zugang zu medizinischer Versorgung, teilte MSF mit.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in Grossbritannien nannte Russland als wahrscheinlichen Urheber des Blutbads. Moskau äusserte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen. In den vergangenen Monaten soll die russische Luftwaffe, die dem Machthaber Bashar al-Asad massiv den Rücken stärkt, schon mehrfach Spitäler bombardiert haben. Der syrische Botschafter in Moskau, Riad Haddad, behauptete hingegen, amerikanische Kampfflugzeuge hätten ein Spital zerstört, das mit MSF zusammenarbeite. Indizien für diese These legte er indes keine vor.

In Azaz, zehn Kilometer südlich der türkisch-syrischen Grenzstadt Kilis, kamen derweil zehn Zivilisten ums Leben, als Raketen in eine Schule, wo Vertriebene untergebracht waren, sowie in die Frauen- und Kinderklinik der umkämpften Gegend einschlugen. Türkische Ambulanzen transportierten 31 Verletzte, unter ihnen 12 Kinder, in das staatliche Spital von Kilis. Dieses befindet sich praktisch direkt neben dem Grenzübergang, der nur noch für Rettungs- und Hilfstransporte geöffnet ist. Bis am Abend erlagen in der türkischen Stadt drei Patienten ihren Verletzungen. Auf der syrischen Seite stecken Zehntausende von Flüchtlingen fest.

Gegenattacke Russlands

Russland bezichtigte die Türkei, mit seiner Militäraktion in Nordsyrien den Tod von Zivilpersonen sowie die Zerstörung von Wohnhäusern und Infrastruktur herbeizuführen. Seit Samstag beschiesst Ankara von türkischem Boden aus Stellungen der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in der Gegend von Azaz . Russland und Syrien wollen wegen der türkischen Militäraktion den Uno-Sicherheitsrat einschalten.

Angesichts der Eskalation glauben nur noch wenige daran, dass bis Ende dieser Woche eine Feuerpause erreicht wird. Am Freitag hatten sich der russische Aussenminister Sergei Lawrow und sein amerikanischer Amtskollege John Kerry in München auf dieses Ziel verständigt. Der mit russischer Feuerkraft gestützte Asad zeigt aber wenig Lust zu Kompromissen. Am Montag erklärte er, eine Waffenruhe – sofern diese zustande komme – bedeute nicht, dass alle Konfliktparteien ihre Waffen niederlegten.

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