Darüber, wie hoch die Lücke zwischen den Gehältern von Frauen und Männern tatsächlich ist, wird gerne gestritten. Unstrittig ist, dass Frauen auf hochbezahlten Führungspositionen noch immer unterrepräsentiert sind und insgesamt weniger Geld verdienen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Aber besonders nach der Geburt eines Kindes treten Frauen beruflich eher kürzer als Männer. Sprich, sie arbeiten häufiger in Teilzeit, was Auswirkungen auf das Gehalt halt. Zudem verdienen sich Frauen häufiger und in schlechter bezahlten Berufen - zum Beispiel im sozialen Bereich - ihr Geld.
Im direkten Geschlechtervergleich ergibt sich dann auch ein zunächst erschreckend hoher Lohnunterschied (Gender Pay Gap) von 23,5 Prozent. Doch dieser Wert ist unbereinigt. Hier wird nicht der Lohn einzelner Branchen oder Positionen, sondern der Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen miteinander verglichen. Im Gegensatz zum bereinigten Gender Pay Gap. Der unbereinigte Wert sagt denn auch wenig aus. Es ist ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen, da unterschiedliche Stellenprofile gegenübergestellt werden. Beispielsweise der berufserfahrene Akademiker und junge Beschäftigte kurz nach ihrer Ausbildung. Für eine präzise Überprüfung der Entgeltlücke müssen denn auch identische oder sehr ähnliche Stellenprofile miteinander verglichen werden.
Unerklärbare Lücke
Um den bereinigten Gender Pay Gap zu ermitteln und damit eine unerklärbare Lücke, haben die Vergütungsanalysten von Gehalt.de in ihrer Studie "Equal Pay 2020" auf Basis von 76.530 Daten ermittelt, in welchen Branchen und Berufen die Entgeltlücke besonders hoch oder niedrig ist.
Insgesamt ergibt sich daraus ein bereinigter Gender Pay Gap von 7,5 Prozent. Besonders groß ist die bereinigte Lücke in der Immobilienbranche (minus 12,8 Prozent), im Handwerk (minus 11,3 Prozent) und im Maschinenbau (minus 10,6 Prozent). In den Berufsbereichen (nur Fachkräfte) stechen die bereinigten Werte im Kundendienst (minus 12,6 Prozent) und im Vertrieb (minus 9,3 Prozent) hervor.
Im Regionalvergleich liegt die niedrigste unbereinigte Entgeltlücke in Berlin vor (minus 11,8 Prozent). Auch in den anderen östlichen Bundesländern wie in Brandenburg (minus 12,7 Prozent) oder Mecklenburg-Vorpommern (minus 12 Prozent) ist sie ebenfalls niedrig. Am höchsten ist der Wert in Baden-Württemberg mit minus 21,4 Prozent.
Gehaltstransparenz kann helfen
Zudem variiert die Gehaltslücke nach dem Alter der Beschäftigten. Während in der Altersgruppe 18 bis 30 Jahre die bereinigte Entgeltlücke bei knapp minus 4 Prozent liegt, beträgt sie unter Beschäftigten zwischen 41 und 50 Jahren minus 10,5 Prozent. "Die unbereinigte Entgeltlücke wächst mit dem Alter der Beschäftigten. Grund hierfür ist unter anderem eine mögliche Familiengründung von Arbeitnehmerinnen - häufig bremst die Pause durch Mutterschutz, Elternzeit und eine darauffolgende Teilzeitbeschäftigung die Gehaltsentwicklung", so Philip Bierbach, Geschäftsführer von Gehalt.de.
Außerdem ist die bereinigte Lücke in kleinen Firmen generell ausgeprägter als in großen Unternehmen. So beträgt der Gender Pay Gap in Konzernen mit über 5000 Beschäftigten minus 4,6 Prozent und in kleinen Unternehmen mit höchstens 100 Beschäftigten minus 8,2 Prozent. "Wir finden in größeren Unternehmen eine vergleichsweise niedrige bereinigte Entgeltlücke vor, da in diesen Betrieben meist schon ein strukturiertes Gehaltsgefüge vorliegt und diese häufiger an Tarife gebunden sind", erklärt Bierbach.
Fazit: Leider gehört es in Deutschland immer noch zur Realität, dass Frauen und Männer bei gleicher Arbeit unterschiedlich hohe Gehälter beziehen. Bierbach ist denn auch der Meinung, dass Gehaltstransparenz ein entscheidender und wichtiger Schritt ist, um den Gender Pay Gap weiter zu verringern. Denn wenn offen über das Einkommen gesprochen wird, werden Ungerechtigkeiten sichtbarer und können so langfristig abgeschafft werden.
Quelle: ntv.de, awi
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