Corona-Ausbreitung verstärkt Debatte über Absage von Großveranstaltungen

  09 März 2020    Gelesen: 867
Corona-Ausbreitung verstärkt Debatte über Absage von Großveranstaltungen

Wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird die Debatte über die Absage von Großveranstaltungen in Deutschland stärker. 

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer befürwortete am Montag die Forderung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Veranstaltungen mit mehr als tausend Teilnehmern abzusagen. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach drang auf ein noch radikaleres Durchgreifen. Die Zahl der hierzulande bestätigten Coronavirusfälle stieg bis Montagmorgen auf mehr als tausend.

Spahn sprach sich am Wochenende für die Absage von Veranstaltungen mit mehr als tausend Menschen aus, ohne allerdings ein ausdrückliches Verbot auszusprechen. Kramp-Karrenbauer sagte am Montag im ZDF-"Morgenmagazin", mit Blick auf die Ausbreitung des Coronavirus in Europa und vor allem in Italien müssten Veranstaltungen mit vielen Teilnehmern "anders in den Blick" genommen werden. Die Bundesregierung habe immer gesagt, dass sie die Maßnahmen zur Epidemiebekämpfung der Entwicklung anpassen werde.

Auf die Frage, ob sie bei der Bekämpfung der Epidemie auf "Freiwilligkeit oder Zwangsmaßnahmen" setze, verwies Kramp-Karrenbauer auf die Äußerung des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann (CDU), wonach es im Fußball angesichts der Corona-Krise sogenannte Geisterspiele geben werde. "Dies ist aus meiner Sicht, wenn es um die Gesundheit geht, auch vertretbar", sagte Kramp-Karrenbauer. Sie setze dabei auf das "Einsehen der Vereine und der Stellen", die ein Zuschauerverbot für Fußballspiele "dann auch anordnen müssen".

Lauterbach drang hingegen auf ein radikaleres Durchgreifen. "Es müssen sofort alle Großveranstaltungen im Land abgesagt werden – wirklich alle", forderte er in "Bild". Ansonsten drohe binnen wenigen Wochen eine dramatische Entwicklung in Deutschland. "Jeder, der jetzt nicht solche Veranstaltungen verbietet, muss sich in paar Wochen fragen lassen, ob er nicht für eine neue Welle an Infektionen und Todesfällen verantwortlich ist", warnte Lauterbach.

Rückendeckung erhielt Spahn auch vom Weltärztebund. "Man kann nicht Fußballspiele mit 35.000 Besuchern stattfinden lassen, als wäre nichts geschehen", sagte Frank Ulrich Montgomery, Chef des Weltärztebunds, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Die Empfehlung von Spahn sei "völlig richtig". Der bayerische Coronavirus-Krisenstab empfahl Veranstaltern und Behörden, Veranstaltungen mit mehr als tausend Teilnehmern vorerst abzusagen.

Niedersachsens Gesundheitsministerin Gesundheitsminister Carola Reimann (SPD) regierte hingegen zurückhaltend auf den Spahn-Vorstoß. In Niedersachsen zirkuliere das Virus nicht, sondern sei örtlich eingrenzbar. "Deswegen muss vor Ort von Fall zu Fall, lageabhängig und situationsbedingt entschieden werden", sagte Reimann im Norddeutschen Rundfunk.

Die Hamsterkäufe wegen des Coronavirus bereiten unterdessen den Tafeln in Deutschland Probleme. Mehrere Tafeln hätten zuletzt deutlich weniger Lebensmittel für die Weiterverteilung an Bedürftige erhalten, sagte der Verbandsvorsitzende Jochen Brühl der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Wegen der Vorratskäufe durch viele Kunden bleibe den Supermärkten am Ende weniger Ware, die sie den Tafeln spenden könnten.

In Deutschland stieg die Zahl der bestätigten Coronavirusansteckungen bis Montagmorgen auf 1112 Fälle. Allein in Nordrhein-Westfalen gab es bereits 484 Infektionen, wie aus den aktuellen Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervorging. In mehreren anderen Bundesländern gibt es weiterhin nur wenige Fälle. Einzig in Sachsen-Anhalt verzeichnete das RKI bis Montag keinen Fall.

Zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen der Coronaepidemie einigten sich die Koalitionsspitzen in der Nacht zum Montag auf Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld. Die Sozialversicherungsbeiträge sollen vollständig von der Bundesagentur für Arbeit erstattet werden. Ferner soll das Quorum der von einem Arbeitsausfall betroffenen Belegschaft auf bis zu zehn Prozent gesenkt werden.

AFP.com


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