„Es ist nicht wertschätzend, Kanonenfutter zu sein!“ – eindringlicher Appell von Pflegern an Spahn

  16 März 2020    Gelesen: 669
„Es ist nicht wertschätzend, Kanonenfutter zu sein!“ – eindringlicher Appell von Pflegern an Spahn

In einem offenen Brief an Gesundheitsminister Jens Spahn legen Pflegekräfte den Finger in die Wunde und benennen schonungslos die Versäumnisse der Politik der letzten Jahre, die zum Pflegenotstand und zur Überforderung angesichts der Corona-Pandemie geführt haben. Sie zeigen auf, wie schlimm es tatsächlich ist und stellen konkrete Forderungen.

„Wir müssen reden!“ – so beginnt der offene Brief an Gesundheitsminister Jens Spahn und Verantwortliche in den Ländern und Kommunen, den Pflegekräfte auf der Internetseite careslam.org veröffentlicht haben. Während man noch in der vergangenen Woche als Panikmacher gebrandmarkt worden sei, wenn man die Verschiebung planbarer Operationen und die Freiräumung von Klinikkapazitäten gefordert habe, dürfe inzwischen selbst Jens Spahn verstanden haben, dass aus Deutschland ganz schnell Italien werden könne. Dies sei vor allem dem Mangel an Pflegekräften geschuldet, heißt es einleitend in dem Schreiben. Es freue sie zwar, dass der Gesundheitsminister das verstanden habe, doch von seiner Anweisung an die Geschäftsführer der Kliniken, jetzt Rentner und Studenten einzubeziehen und anzulernen halten die Verfasser des offenen Briefes wenig:

„Wir freuen uns jetzt schon auf die Hochrisikogruppe an der Beatmungsmaschine hoch infektiöser Patienten. Eine unglaublich aussichtsreiche, durchdachte Maßnahme!“

Die katastrophale Situation hätten Spahn und seine Vorgänger zu verantworten und der Minister könne sich nicht mehr mit warmen Worten herausreden, sondern müsse konkrete Schritte unternehmen, um die pflegerische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen.

Die Verfasser des Appells zitieren aus einer Mitteilung der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft e.V., die an Pflegeeinrichtungen des Landes gegangen ist. Darin heißt es, man bemühe sich, Schutzmaterial zu besorgen, aber die Verteilung müsste organisiert werden und man wisse auch nicht, wann es überhaupt vorhanden sein werde. Falls keines mehr organisierbar sei, sollten die Pflegekräfte einfach ohne Schutz weiterarbeiten. Genau das gehe angesichts der Pandemie nicht, betonen die Verfasser des Schreibens und stellen konkrete Forderungen:

Eine sofortige Organisation der Beschaffung von wirksamer Schutzmaterialien unter Einbezug aller Möglichkeiten. Im Notfall auch durch die Verstaatlichung von Herstellern und deren Zulieferern, um uns Pflegekräfte zu schützen! (Bitte Schutzkleidung, die wir brauchen und die zugelassen ist!)

Nein, es ist nicht wertschätzend, Kanonenfutter zu sein!

Eine sofortige Aussetzung aller Prüfungen in den Pflegeeinrichtungen dieses Landes. Erstens ist das eine mögliche Infektionsquelle und zweitens muss alles vermieden werden, was in dieser Krisensituation zusätzlich Arbeitszeit der Pflegekräfte in Anspruch nimmt, die bei der Pflege der Patienten dann fehlt.

Mobilisierung aller Pflegefachkräfte aus diesen Prüfbehörden für einen Einsatz in der Praxis.

Jetzt sofort eine verlässliche Zusage über eine kräftige staatlich finanzierte Lohnzulage für alle, die dieser Situation standhalten, die ihre Kinder in Notbetreuungsgruppen bringen, Überstunden machen, Pausenzeiten nicht nehmen können, Ruhezeiten nicht einhalten können.

Eine sofortige Zusage über deutliche Lohnsteigerungen für Pflegefachkräfte, die bei einem Einstiegsgehalt von 4.000 Euro liegen muss. Die Refinanzierung können Sie sich für die Zeit nach dieser Krise aufheben.

Ohne diese Maßnahmen würden die Beatmungsmaschinen bald nutzlos herumstehen, weil niemand mehr da sein werde, der sie bediene, warnen die Pflegekräfte.

sputniknews


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