Was ein deutscher Auswanderer in Nicaragua lernte

  16 März 2020    Gelesen: 1682
Was ein deutscher Auswanderer in Nicaragua lernte

Er schlief in einer Hängematte und ritt mit dem Pferd zur Arbeit: Markus Schmid baute in Nicaragua eine Kakaoplantage auf. Wie geht es ihm heute, zurück in Deutschland?

Seinen Arbeitsplatz konnte Markus Schmid erst nur mit einem Pferd erreichen. "Reiten habe ich als junger Mann gelernt, aber ich hätte nie gedacht, dass ich das beruflich mal brauchen würde", sagt er. Rund vier Kilometer trennten das Brachland, das mit seiner Hilfe zur Kakaoplantage werden sollte, von der nächsten asphaltierten Straße. Außer einem alten Holzgebäude mit Lehmboden gab es dort nichts: keinen Strom, kein fließendes Wasser, keine Kakaobäume.

Ein Jahr lang sollte Schmid bleiben und zusammen mit zwei Kollegen für den schwäbischen Schokoladenhersteller Ritter Sport das 25 Quadratkilometer große Land erschließen. Sein Arbeitgeber hatte für ihn ein hübsches Haus in Managua, Nicaraguas Hauptstadt, gemietet - 350 Kilometer und mehr als fünf Stunden Autofahrt und Pferderitt von der zukünftigen Plantage entfernt. Oft schliefen Schmid und seine Kollegen deshalb vor Ort in der Hängematte, kochten Reis und Bohnen auf offenem Feuer.Vor sechs Jahren berichtete der SPIEGEL über Schmid, damals hatte er seinen Aufenthalt in Nicaragua gerade zum dritten Mal verlängert. Er wolle bleiben, bis die erste Ernte eingefahren sei, sagte er damals. Diesen Plan hat er umgesetzt.Knapp 1,5 Millionen Kakaobäume wachsen mittlerweile auf der Plantage, zu der nun mehrere Häuser, Werkstätten und Lagerhallen gehören. 2018 trugen die ersten Bäume Früchte, es reichte für 30.000 Schokoladentafeln. Für Schmid ein großer Erfolg: In der Firma hatte man damit gerechnet, dass die erste Ernte nur für interne Tests reichen würde.

Zurück mit drei kleinen Kindern
Seit einem Jahr ist Schmid nun wieder zurück in Waldenbuch, dem Sitz von Rittersport in der Nähe von Stuttgart. Zurückgekommen ist er nicht nur mit vielen Erfahrungen, sondern auch mit drei kleinen Kindern. Als klar war, dass er länger in Nicaragua bleiben würde, war seine damals schwangere Lebensgefährtin nachgekommen.

Freunde und Eltern seien besorgt gewesen, sagt Schmid. "Die medizinische Versorgung in Nicaragua ist nicht überall optimal, aber die Klinik in Managua ist mit einem deutschen Kreiskrankenhaus vergleichbar. Meine Frau hat da keine Sekunde gezögert. Und wir haben nur gute Erfahrungen gemacht."

Sieben Jahre lebte Schmid insgesamt in Nicaragua, pendelte zwischen der Hauptstadt und der Plantage, die nun "El Cacao" heißt, und die bis 2025 ein Viertel der für Ritter-Sport-Schokoladen benötigten Kakaomasse liefern soll.

Die Rückkehr nach Schwaben sei ihm trotzdem leicht gefallen: "Ich bin ein Familienmensch, hier ist meine Heimat." Er habe sich in den sieben Jahren auch nie abgekoppelt gefühlt von Freunden und Verwandten. "Unsere Urlaube in Deutschland haben wir zur Beziehungspflege genutzt. Und wir hatten oft Besuch, sogar von Kollegen, die privat nach Nicaragua geflogen sind, um mal bei uns vorbeizuschauen."

Jeder Besucher bekam eine Liste mit Dingen, die Schmid aus Deutschland vermisste – zum Beispiel einen Toilettenaufsatz für Kinder. Der Zollbeamte habe bei der Einreise gestaunt, als er den aus dem Koffer eines Kollegen zog, berichtet Schmid.

spiegel


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