Deutschland werde die zunächst auf 30 Tage begrenzte Maßnahme mit sofortiger Wirkung umsetzen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstagabend in Berlin nach einer Videokonferenz mit den übrigen EU-Staats- und Regierungschefs. Wegen der Ausbreitung der Virus-Erkrankung verhängte auch Belgien eine weitgehende Ausgangssperre für seine Bürger.
Europa wird wegen der hohen Fallzahlen von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) inzwischen als "Epizentrum" der Pandemie eingestuft. Die Ausgangssperre in Belgien gelte bis zum 5. April, sagte Regierungschefin Sophie Wilmès in Brüssel. Demnach sollen die Bürger möglichst nur noch zu Arztbesuchen und für Lebensmitteleinkäufe aus dem Haus. Erlaubt bleiben aber auch Sport im Freien und Spaziergänge.
Das Einreiseverbot in die EU werde nun "so schnell wie möglich" umgesetzt, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel nach dem dreistündigen Video-Gipfel der Staats- und Regierungschefs. Einen EU-weit festgelegten Termin gibt es aber nicht. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verwies darauf, dass dies Sache der einzelnen Mitgliedstaaten sei.
Nach Angaben von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sind Einreisen von Drittstaatsangehörigen "vorübergehend nur noch bei dringendem Reisegrund möglich". Staatsangehörigen von EU-Staaten sowie deren Familienangehörigen und Bürgern aus Großbritannien, Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz sowie deren Familienangehörigen werde die Durchreise durch Deutschland gestattet. Gleiches gelte für Nicht-EU-Bürger mit längerfristigem Aufenthaltsrecht in der EU.
Bei allen Maßnahmen zum Grenzmanagement sei es wichtig, dass "der freie Fluss der Güter und Waren gewährleistet ist", betonte Merkel in Berlin. Da gebe es derzeit "einige Schwierigkeiten". Die EU-Kommission hatte hier unter anderem Sonderspuren für Lkw vorgeschlagen, die nun von den Staats- und Regierungschefs unterstützt wurden.
Von der Leyen warnte nach dem Video-Gipfel nochmals eindringlich vor einer Gefährdung des europäischen Binnenmarktes, der von "äußerster Wichtigkeit" für die EU sei. Sie äußerte die Hoffnung, dass Mitgliedstaaten nun die Kontrollen an den Binnengrenzen im europäischen Schengenraum überdenken oder zumindest lockern könnten.
Grünes Licht erhielt die Kommission laut von der Leyen auch für die Pläne im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise. Dazu gehört die Lockerung der Regeln für Haushaltsdefizite und Staatsbeihilfen, damit Regierungen Wirtschaft und Unternehmen stützen können. Die Kommission will zudem bis zu 37 Milliarden Euro für Gesundheitssysteme, kleine und mittlere Firmen sowie Arbeitsmarktmaßnahmen mobilisieren.
Die Staats- und Regierungschefs vereinbarten auch, wo möglich gemeinsam im EU-Ausland gestrandete EU-Bürger zurückzuholen, wie Michel mitteilte. Für gemeinsame Rückholaktionen könnten dabei weitere EU-Gelder mobilisiert werden.
Für Deutschland hatte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) zuvor bereits eine "Luftbrücke" angekündigt. In den kommenden Tagen sollen demnach insgesamt weit über 100.000 Reisende etwa aus Ägypten, der Dominikanischen Republik, Marokko, Argentinien, den Philippinen und den Malediven zurückgeholt werden. Erste Flüge seien bereits gestartet, teilte das Auswärtige Amt (AA) am Abend im Kurzbotschaftendienst Twitter mit. Erstmalig gab das AA zudem eine weltweite Reisewarnung für touristische Reisen aus.
Beschlossen wurde von den Staats- und Regierungschefs Michel zufolge auch, das medizinische Güter und Schutzausrüstung nicht mehr ohne vorherige Genehmigung aus der EU exportiert werden dürfen. Von der Leyen zeigte sich zuversichtlich, dass es bereits im Herbst einen Impfstoff gegen das Coronavirus geben könne. Sie setzt dabei auf das Tübinger Unternehmen CureVac, an dem angeblich auch die US-Regierung Interesse gezeigt hatte.
Wegen der Corona-Krise sagte EU-Ratspräsident Michel den kommende Woche in Brüssel geplanten zweitägigen März-Gipfel der Staats- und Regierungschefs ab. Er soll nun erneut durch eine Video-Konferenz ersetzt werden. Ein genauer Termin steht nach Angaben aus Ratskreisen noch nicht fest.
AFP.com
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