Deutsche Top-Ökonomen lehnen Schecks nach US-Vorbild ab

  18 März 2020    Gelesen: 611
  Deutsche Top-Ökonomen lehnen Schecks nach US-Vorbild ab

Berlin (Reuters) - Top-Ökonomen raten von Steuerschecks nach dem Gießkannenprinzip für alle deutschen Bürger nach US-Vorbild ab.

“Jetzt brauchen spezielle Gruppen liquide Mittel, zum Beispiel Einzelunternehmer, Gastwirte, kleine Firmen”, sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. “Denen muss gezielt geholfen werden.” Sogenanntes Helikoptergeld - eine pauschale Auszahlung an alle Bürger - würde auch Personen gezahlt, die das Geld gar nicht bräuchten.

Ähnlich sieht dies das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). “Wir müssen gezielt den besonders betroffenen Gruppen helfen, also Kurzarbeitern und Arbeitslosen”, sagte dessen Wissenschaftlicher Direktor Sebastian Dullien zu Reuters. Der Textileinzelhandel etwa habe auf Kurzarbeit umgestellt, weil die Läden geschlossen wurden. Die Mitarbeiter beziehen nur noch 60 Prozent ihres Einkommens. Selbstständige wie Musiklehrer seien sogar ohne Einkommen. “Hier sollte überlegt werden, ob der Staat einspringt und aufstockt”, sagte Dullien. “Leute mit sicheren Jobs wie Beamte oder Ärzte brauchen jetzt keinen Cash-Bonus.”

Die US-Regierung erwägt als Krisenmaßnahme, US-Bürgern einen Scheck von 1000 Dollar auszustellen. Hongkong hat ebenfalls Geldgeschenke beschlossen. “Die USA und Hongkong machen das, weil sie nicht so ein umfassendes Sozialsystem haben wie wir”, sagte Dullien. “Dort sind viele Haushalte ohne Einkommen, wenn sie arbeitslos werden. Bei uns gibt es großzügige Kurzarbeiterregelungen und Arbeitslosengeld.”

IfW-Präsident Felbermayr lehnt derzeit auch ein allgemeines Konjunkturpaket in Deutschland ab. “Im Durchschnitt haben die Leute genug Geld auf dem Konto, um zu konsumieren”, sagte er. “Sie sollen jetzt aber gerade nicht shoppen gehen oder in Kinos und Restaurants. Konjunkturbelebung brauchen wir erst nach der Gesundheitskrise.” Jetzt schlage vielmehr die Stunde der Fiskalpolitik. “Statt EZB-Helikoptergeld sollte man über Coronavirus-Eurobonds nachdenken, die für die spezielle Notlage gestaltet und temporär angelegt wären”, sagte Felbermayr. “Damit sollte man die nationalen Gesundheitssysteme finanziell absichern und die Liquiditätsprogramme stützen, so dass es nicht zu Bankenkrisen und in letzter Folge zu einer Wiederauflage der Eurokrise kommt.”


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