Heil verspricht rasche Hilfen

  19 März 2020    Gelesen: 526
Heil verspricht rasche Hilfen

Um die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise abzumildern, will Arbeitsminister Hubertus Heil schnell helfen. Wirtschaftsminister Altmaier betont die Dringlichkeit.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht schnelle und zielgerichtete Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft in der Coronakrise als zentral an. Altmaier sagte in Berlin, er begrüße es daher ausdrücklich, dass die staatliche Förderbank KfW ihre Verfahren weiter straffe und bündele. "Anträge für die am vergangenen Freitag beschlossenen Hilfskredite sind ab sofort möglich und werden zügig bearbeitet. Das ist ein gutes Signal."

Die KfW und die Deutsche Kreditwirtschaft hatten mitgeteilt, dass Unternehmen in Deutschland ab sofort Hilfskredite beantragen können. Die Unterstützung werde über die Hausbanken beantragt. Die Bundesregierung hatte angekündigt, Unternehmen mit unbegrenzten Kreditprogrammen zu helfen. So sollen Jobs und Firmen geschützt werden. Viele Firmen geraten wegen der Coronavirus-Krise in Finanznöte, weil Aufträge wegbrechen oder es zu Liefer- und Produktionsengpässen kommt.

Der Einschätzung von Volkswirten der privaten Banken zufolge wird die Konjunktur in Deutschland infolge der Coronakrise in diesem Jahr massiv einbrechen. Für das Gesamtjahr erwartet der Bundesverband deutscher Banken (BdB) einen Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Leistung um vier bis fünf Prozent.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil versprach vor dem Treffen mit Altmaier, Arbeitgebern und Gewerkschaftern rasche Hilfe. "Wir reden mit den Arbeitgebern auch darüber, wie wir Lohnlücken schließen und Kaufkraft sichern können", sagt der SPD-Politiker im ARD-"Morgenmagazin".

Bei der Bewilligung von Kurzarbeit bittet er um Geduld: Es gebe bereits viele Anfragen bei der Bundesagentur für Arbeit. Es werde auch einen Nothilfefonds geben, durch den existenziell Gefährdete wie Kleinstselbstständige ein soziales Sicherungsnetz erhalten sollen.

Per Twitter sicherte Heil auch Hilfen für von Schulschließungen betroffene Eltern zu. "Wir wollen, dass keiner seine Existenz tatsächlich verliert", sagt der SPD-Politiker. "Und deshalb werden wir Maßnahmen in Kraft setzen, die das gewährleisten."

Die Bundesregierung wolle "dafür sorgen, dass die Eltern, die im Moment wegen Kita- und Schulschließungen tatsächlich nicht arbeiten können, nicht mit massiven Lohneinbußen zu rechnen haben". Sie werde sich auch um kleine Selbstständige, Händler und Kreative kümmern.

Ökonomen lehnen Schecks nach US-Vorbild ab
Deutsche Ökonomen raten allerdings beispielsweise von Steuerschecks nach dem Gießkannenprinzip für Alle nach US-Vorbild ab. "Jetzt brauchen spezielle Gruppen liquide Mittel, zum Beispiel Einzelunternehmer, Gastwirte, kleine Firmen", sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr. "Denen muss gezielt geholfen werden." Sogenanntes Helikoptergeld - eine pauschale Auszahlung an alle Bürger - würde auch Personen gezahlt, die das Geld gar nicht bräuchten.

Ähnlich sieht dies das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). "Wir müssen gezielt den besonders betroffenen Gruppen helfen, also Kurzarbeitern und Arbeitslosen", sagte dessen Wissenschaftlicher Direktor Sebastian Dullien.

Der Textileinzelhandel etwa habe auf Kurzarbeit umgestellt, weil die Läden geschlossen wurden. Die Mitarbeiter beziehen nur noch 60 Prozent ihres Einkommens. Selbstständige wie Musiklehrer seien sogar ohne Einkommen. "Hier sollte überlegt werden, ob der Staat einspringt und aufstockt", sagte Dullien. "Leute mit sicheren Jobs wie Beamte oder Ärzte brauchen jetzt keinen Cash-Bonus."

Ähnlich sieht das auch das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). "Viele private Haushalte haben aufgrund von Lohnfortzahlung, Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld kurzfristig bereits eine weitgehende Milderung ihrer Einbußen", sagte dessen Vizepräsident Oliver Holtemöller.

IfW-Präsident gegen allgemeines Konjunkturpaket
"Aufgrund der Größenordnung des zu erwartenden ökonomischen Schocks halte ich im Moment zielgerichtete Hilfen für tatsächlich Bedürftige für besser", fügte der Gelehrte hinzu. Sollte sich abzeichnen, dass es eine konjunkturelle Abwärtsspirale gibt, weil die Menschen trotz vorhandenen Angebots nicht mehr konsumieren, dann kämen auch Maßnahmen, die die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stimulieren, infrage. "Allerdings nicht gerade Helikoptergeld".

IfW-Präsident Felbermayr lehnt derzeit auch ein allgemeines Konjunkturpaket in Deutschland ab. "Im Durchschnitt haben die Leute genug Geld auf dem Konto, um zu konsumieren", sagte er. "Sie sollen jetzt aber gerade nicht shoppen gehen oder in Kinos und Restaurants. Konjunkturbelebung brauchen wir erst nach der Gesundheitskrise."

Jetzt schlage vielmehr die Stunde der Fiskalpolitik. "Statt EZB-Helikoptergeld sollte man über Coronavirus-Eurobonds nachdenken, die für die spezielle Notlage gestaltet und temporär angelegt wären", sagte Felbermayr.

Die US-Regierung erwägt als Krisenmaßnahme, US-Bürgern einen Scheck über 1000 Dollar auszustellen. Hongkong hat ebenfalls Geldgeschenke beschlossen, Japan denkt über Zuschüsse für sozial Bedürftige nach. "Die USA und Hongkong machen das, weil sie nicht so ein umfassendes Sozialsystem haben wie wir", sagte Dullien. "Dort sind viele Haushalte ohne Einkommen, wenn sie arbeitslos werden. Bei uns gibt es großzügige Kurzarbeiterregelungen und Arbeitslosengeld."

spiegel


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