Es bestehe die Angst, dass es binnen Tagen zu einer humanitären Krise bei den Flüchtlingen auf der Balkanroute komme, nach der einseitigen Entscheidung Österreichs, die gegen die geplante Koordinierung der Westbalkan-Staaten verstoße.
Juncker mag Österreichs Entscheidung nicht
Deutliche Kritik gab es auch von EU-Komissionspräsident Jean-Claude Juncker: "Ich mag diese Entscheidung Österreichs nicht", erklärte er in Brüssel. Es stelle sich zudem "die Frage, ob das dem EU-Recht entspricht", so Juncker. Er werde jedenfalls noch im Lauf des Tages mit Österreichs Kanzler Faymann die Sache besprechen.
Der Hintergrund: Ab Freitag sollen an der Südgrenze Österreichs nur noch 80 Asylanträge pro Tag angenommen werden. Außerdem sollen höchstens 3200 Flüchtlinge nach Deutschland durchreisen. Diese "Tageskontingente" hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Mittwoch angekündigt.
Schulz: "Intellektuell brillante Leistung"
Heftige Kritik an dem Schritt kommt auch von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz: Er hat Äußerungen aus Österreich in Bezug auf die EU zynisch als eine "intellektuell brillante Leistung" bezeichnet. Wenn die österreichische Regierung sage, sie nehme keine Flüchtlinge auf und gleichzeitig argumentiere, dass die EU nicht funktioniere, dann "ist das eine intellektuell brillante Leistung", sagte Schulz dem ZDF-Morgenmagazin am Donnerstag. Er finde es "witzig", wenn Politiker wie Mikl-Leitner von "der EU" sprächen. "Was ist denn die EU? Die EU ist ihre Mitgliedstaaten."
Kritisch äußerte sich der deutsche Sozialdemokrat generell zu Grenzschließungen: "Wenn wir Grenzen schließen, sagen wir den Leuten, ihr müsst wieder dorthin zurück, wo gebombt wird", sagte er unter Hinweis auf russische Bombardements in Nordsyrien.
Mikl-Leitner: "Ersatzlösung auf Zeit"
Mikl-Leitner ließ sich trotz der kritischen Wortmeldungen am Donnerstag nicht von ihrem Kurs abbringen. Die Regelung sei keine "Scheinlösung", wie von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel kritisiert, sondern eine "Ersatzlösung auf Zeit", weil es derzeit keine "gemeinsame europäische Lösung gebe", so Mikl-Leitner.
Natürlich setze die gesamte österreichische Regierung auf eine europäische Lösung. "Weil wir aber wissen, dass diese Zeit brauchen, geht es jetzt darum, nationale Maßnahmen zu setzen. Und diese setzen wir nicht gegen Europa, sondern für mehr Europa", erklärte die Innenministerin. "Wenn wir jetzt nicht an nationalen Maßnahmen arbeiten, überlassen wir den Nationalisten die Oberhand, dann wird das mit einem gemeinsamen Europa schneller zu Ende sein als so mancher glaubt." Zwar habe auch die EU in den vergangenen Monaten Maßnahmen beschlossen, es fehle hier aber an der Umsetzung.
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