Amnesty International hat Facebook vorgeworfen, sich Zensurforderungen der vietnamesischen Regierung gebeugt zu haben. "Facebook muss sich bei der Regulierung seiner Inhalte auf internationale Menschenrechtsstandards für die Meinungsfreiheit stützen und nicht auf die willkürlichen Launen einer Regierung, die das Recht missbraucht", sagte Amnesty-Experte William Nee laut einer Mitteilung der Organisation.
Facebook hatte zuvor eingeräumt, dass Vietnams Regierung das Unternehmen angewiesen habe, "den Zugang zu Inhalten einzuschränken, die sie als illegal erachtet". Dieser Vorgabe sei das Unternehmen "widerwillig" nachgekommen, heißt es in einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters.
Einer von zwei Reuters-Informanten, die bei Facebook arbeiten, sagte: "Um das klarzustellen: Das bedeutet nicht, dass wir jeder Anfrage der Regierung nachkommen werden. Wir haben uns jedoch verpflichtet, deutlich mehr Inhalte einzuschränken."
Sorge um andere Länder
Unter Verweis auf seine Quellen schreibt Reuters, Facebook sei der Regierung entgegengekommen, nachdem staatliche Telekommunikationsunternehmen Beschränkungen für die lokalen Facebook-Server eingeführt hätten. Diese Beschränkungen hätten dazu geführt, dass die Facebook-Website über Wochen hinweg langsam und dadurch fast unbenutzbar geworden sei. Auch Instagram und der Facebook Messenger sollen von der Einschränkung betroffen gewesen sein.
Ist Facebook also zum Einknicken gezwungen worden? "Wir glauben, dass die Meinungsfreiheit ein grundlegendes Menschenrecht ist", rechtfertigte sich das Unternehmen am Mittwoch in einer aktuellen Stellungnahme. Man habe "diese Maßnahme" ergriffen, "um sicherzustellen, dass unsere Dienste für Millionen von Menschen in Vietnam verfügbar und nutzbar bleiben."
Konkret sieht sich Facebook mit dem Vorwurf konfrontiert, in Vietnam nun verstärkt etwa regierungskritische Postings zu blockieren. "Die Erfüllung dieser Forderungen durch Facebook stellt einen gefährlichen Präzedenzfall dar", kritisiert William Nee von Amnesty International. "Regierungen auf der ganzen Welt werden dies als eine offene Einladung sehen, Facebook in den Dienst der Zensur zu stellen."
Facebook ist in Vietnam wichtig
In den vergangenen Jahren sind in Vietnam Dutzende Aktivisten inhaftiert worden, weil sie als "staatsfeindlich" eingestufte Inhalte auf Facebook gepostet haben sollen. Ein seit Januar 2019 geltendes Gesetz verpflichtet Technologieunternehmen wie Facebook und Google dazu, lokale Server einzurichten, auf Anfrage auch persönliche Daten an den Staat zu übergeben und beanstandete Nutzerbeiträge zu blockieren.
Facebook ist in Vietnam eine wichtige Plattform für Aktivisten, da in dem kommunistischen Einparteienstaat keine unabhängige Presse existiert. Mehr als 53 Millionen Vietnamesen sind bei Facebook angemeldet - das ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Auch kleine Betriebe nutzen die Plattform. Von Facebook selbst heißt es, auf seinen Servern in Vietnam würden keine Nutzerdaten gespeichert.
Nach Angaben von Amnesty International sitzen derzeit rund zehn Prozent der politischen Gefangenen in Vietnam wegen ihrer Aktivitäten auf Facebook im Gefängnis.
spiegel
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