Russland verbietet Import genveränderter Nahrungsmittel aus den USA

  20 Februar 2016    Gelesen: 997
Russland verbietet Import genveränderter Nahrungsmittel aus den USA
Russland zieht die Konsequenzen aus seiner Entscheidung vom letzten Herbst, den kommerziellen Anbau von gentechnisch veränderten Organismen auf den landwirtschaftlichen Anbauflächen des Landes zu verbieten. Die jüngste Entscheidung, die am 15. Februar 2016 in Kraft getreten ist, dürfte Monsanto oder dem US-Getreidekartell überhaupt nicht gefallen.
Am 15. Februar ist ein russisches nationales Importverbot für Sojabohnen und Mais aus den Vereinigten Staaten in Kraft getreten. Das russische Amt für Lebensmittelsicherheit Rosselkhoznadzor kündigte an, dass das Verbot wegen »Gentechnisch Veränderter Organismen« (GVO), wegen der Kontamination durch Mikroben und wegen des Fehlens wirksamer Kontrollen auf unter Quarantäne stehenden Körnern bei Soja- und Maisexporten, die auch als mikrobielle Verunreinigungen bekannt sind, erfolgt sei.

Die russische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit ergänzte, dass der aus den USA importierte Mais oft von Trockenfäule befallen sei. Zusätzlich hieß es, der Mais könnte zum Anbau von GVO-Kulturen in Russland verwendet werden. Der mögliche Schaden aus dem Import und der Verbreitung von Objekten, die unter Quarantäne stehen, auf russischem Gebiet wird auf jährlich 126 bis 189 Millionen US-Dollar geschätzt.

Ein Schlag ins Zentrum des GVO-Kartells

Die russische Entscheidung ist ein schwerer Schlag für die Agrarindustrie der USA. Seit Jahrzehnten dominieren die Unternehmen des US-Getreidekartells ‒ ADM, Cargill und Bunge ‒ den weltweiten Handel mit Sojabohnen und Mais, den wegen ihres hohen Proteingehalts am häufigsten verwendeten Futtermitteln für Rinder, Schweine und Hühner.

Heute erfolgt die Kontamination der nationalen Landwirtschaft und der Nahrungskette in den verschiedenen Ländern auch in solchen, die den Anbau von GVO-Kulturen verbieten, typischerweise durch die Hintertür, nämlich durch die ungehinderte Einfuhr von gentechnisch verunreinigtem (gv) Mais und Soja.

Leute in Positionen, in denen sie Bescheid wissen, haben mir gesagt, dass zum Beispiel die EU-Agrarpolitik weniger von den europäischen Landwirtschaftsorganisationen bestimmt wird als von der mächtigen US-Agrarlobby der Firmen Monsanto, DuPont, Syngenta und Cargill sowie deren Freunden.

Auf ähnliche Weise hatte, jedenfalls bis vor Kurzem, die chinesische Regierung den Anbau oder die Lizenzierung von GVO-Kulturen innerhalb Chinas kommerzieller Landwirtschaft offiziell verboten. GVO haben das Land durch eine Lücke überschwemmt, welche die uneingeschränkte Einfuhr von gv Soja erlaubt hat. Heute sind mehr als 60 Prozent aller Sojabohnen, die in China verbraucht oder als Tierfutter verwendet werden, gv. Die russische Entscheidung ist, soviel ich weiß, der erste Schlag gegen das mächtige GVO-Agrarkartell. Dank der Krise infolge der von den USA verhängten Sanktionen ist es zu dieser Möglichkeit gekommen.

Wie unabhängige Langzeitexperimente mit Laborratten über zwei Jahre gezeigt haben, verursacht die Fütterung von Ratten mit GVO in Soja oder Mais über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten bei diesen Tieren virulente Tumore und eine unverhältnismäßig frühe Sterblichkeit.

Die Vorstellung, welche Schäden bei Menschen aufträten, würden wir uns über einen Zeitraum von sechs Monaten von den gv Hamburgern bei McDonaldʼs ernähren müssen, lässt mich erschaudern. McDonaldʼs-Frikadellen enthalten, wie mir von einem Fachmann für Getreidehandel gesagt wurde, Rindfleisch, das zu bis zu 30 Prozent mit gv Sojabohnen versetzt wurde. Heute sind fast 100 Prozent der Sojabohnen auf dem Weltmarkt genmodifiziert, die meisten kommen von Monsanto.

Mit ihrem neuesten Verbot runden die russischen Behörden ihre Entscheidung vom September 2015 nahezu ab, das Land von GVO für den Verzehr von Menschen oder Tieren frei zu halten.

Die damalige Entscheidung ließ noch eine klaffende Lücke, solange man nicht auch den Import von GVO in Soja und Mais verbot. Um die russische Landwirtschaft völlig von den Verunreinigungen durch GVO frei zu halten, bleibt mit der jüngsten Entscheidung jetzt als einziges, aber immer noch bedeutendes Schlupfloch übrig, das Importverbot für gv Soja und Mais auf alle jene Länder auszuweiten, die nicht nachweisen können, dass ihr Getreide oder Soja frei von GVO ist. Dabei sind die gleichen Kriterien anzuwenden wie für die Soja- und Maisimporte aus den USA.

Heute sind die USA der weltweit größte Erzeuger, gefolgt von Argentinien und Brasilien. Die drei Länder stellen 85 Prozent der gesamten Sojaproduktion der Welt. Und fast alles ist, von geringen zertifiziert gentechnikfreien Anbauflächen in Brasilien abgesehen, mit GVO kontaminiert.

Danach kommen Indien und China mit jeweils rund fünf Prozent der Weltproduktion. China änderte vor Kurzem seine GVO-Politik und scheint, nachdem das Staatsunternehmen ChemChina im vergangenen Monat die Übernahme des Schweizer GVO- und des Pflanzenschutzgiganten Syngenta für 43 Milliarden US-Dollar angeboten hatte, zu der zweifelhaften Politik entschlossen zu sein, ein führender Erzeuger von gv Soja und Mais zu werden.

Sojabohnen sind sehr reich an Proteinen und werden heute in nahezu allen industriell gefertigten Nahrungsmitteln von Schokoriegeln (Lecithin) bis hin zum Futter für die Hühnchen von Kentucky Fried Chicken (KFC) und zu Sojagetränken verwendet. Aufgrund der Macht der GVO-Lobby in den vergangenen zwei Jahrzehnten enthalten fast alle Sojalebensmittel-Lebensmittel GVO. Ebenso gelangen GVO über das so genannte proteinreich »Kraftfutter«, einer Mischung aus Soja und Mais, in die Nahrungskette. Sojamehl und Sojaschrot werden weit und breit als Tierfutter verwendet. Diese zu 44 bis 48 Prozent proteinreichen Nahrungsmittel sind die am weitesten verbreitetste Quelle von Protein in Futtermitteln für Geflügel, Schweine und Milchkühe. Maisgluten-Gluten aus aufbereitetem Mais hat einen Proteingehalt von 60 Prozent und wird in den USA, in Kanada und in der EU als Futter für Geflügel und Milchkühe verwendet.

Trotz der Tatsache, dass die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, sich entschieden hat, den Anbau von GVO zu verbieten, ließ Brüssel ein Schlupfloch zu und erlaubte ADM und Cargill die unbegrenzte Einfuhr von Sojabohnen oder Mais, also von GVO. Auf diese Weise wird die Nahrungskette über das Tierfutter mit GVO verunreinigt.

Da zurzeit in den USA nahezu 93 Prozent des Maises und 94 Prozent der Sojabohnen GVO sind, gebietet eine sichere Daumenregel als Vorsorgeprinzip ihr Verbot, es sei denn, der Nachweis wird erbracht, dass sie frei von GVO sind. Genau das haben die russischen Behörden getan. Das Vorsorgeprinzip ist einfach: Was nach der sicheren Einschätzung der Gewerbeschutzbehörden nicht zu 100 Prozent frei von GVO ist, wird verboten.

Das Kartell der Agrarindustrie mit Sitz in den USA stellte unter Führung von Cargill und Monsanto sicher, dass das Landwirtschaftsabkommen-Abkommen der Welthandelsorganisation-Organisation, das ein ehemaliger Stellvertretender Vorsitzender von Cargill, Daniel Amstutz, geschrieben hat, dem freien Handel ein Vorrecht gegenüber nationalen Bestimmungen über Lebensmittel- und Gesundheitssicherheit-Sicherheit einräumt. Der jüngste Schritt der Behörden der Russischen Föderation zeigt, dass eine große Lebensmittel erzeugende Nation, die heute zum Teil dank der törichten US-Sanktionen gegen Russland die USA als bisher weltweit größten Getreideproduzent überholt, der Gesundheit und Sicherheit seiner Bürger den Vorzug gegenüber den Unternehmensinteressen der Agrarindustrie gibt. Das ist eine gesunde Entwicklung.


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