Politische Zeichen setzen dürfen – US-Athleten fordern vom IOC Streichung von Regel 50

  10 Juni 2020    Gelesen: 795
Politische Zeichen setzen dürfen – US-Athleten fordern vom IOC Streichung von Regel 50

Der gewaltsame Tod des Afroamerikaners George Floyd hat auch die Frage nach der Legitimität von politischem Protest im Spitzensport erneut aufgeworfen. Sollen die Faust der Black Power Bewegung und ähnliche politischen Zeichen bei Siegerehrungen künftig erlaubt werden?

Sollen Spitzenathleten ihre Bühne bei Wettkämpfen und Siegerehrungen für politische Statements nutzen dürfen? Die Politik hat längst Einzug in den Spitzensport gehalten, in das Regelwerk des Internationalen Olympischen Komitees aber bis heute nicht.

Manche werden sich noch an die Olympischen Sommerspiele 1968 in Mexiko Stadt erinnern und an die afroamerikanischen Sprinter Tommie Smith und John Carlos, die bei der Siegerehrung ihre schwarz behandschuhten Fäuste in die Höhe reckten – ein Gruß der Black Power Bewegung. Damals wurden sie vom IOC der Spiele verwiesen und mussten ihre Medaillen zurückgeben.

In einem Offenen Brief an das Nationale Olympische Komitee der USA (USOPC) unterstrich US-Hammerwerferin Gwen Berry, die letzten Wochen hätten gezeigt, dass die Probleme mit Armut und Rassismus heute noch die gleichen seien wie 1968. Sie kritisierte, dass die Haltung des IOC, das derartige politische Äußerungen auch heute noch gemäß Regel 50 seines Leitfadens bestraft, nicht nachvollziehbar sei. Auch Berry hatte 2018 bei den Panamerikanischen Spielen, wo sie Gold gewann, als Zeichen des Protests den Black Power Gruß gezeigt und ist dafür sanktioniert worden. Berry und ihre Mitstreiter fordern: Regel 50 muss abgeschafft werden.

Regel 50 der Olympia Charta verbietet das Zeigen von „politischer, religiöser und Rassen-Propaganda“.

Das USOPC hat angekündigt, sein Regelwerk zu überdenken, doch da soll für die US-Athleten noch nicht Schluss sein: Auch auf der internationalen Bühne wollen sie eine Streichung von Regel 50 erreichen.

Der Verband „Athleten Deutschland“ setzt sich ebenfalls für freie Meinungsäußerung der Athleten ein, auch, was politische Statements und Protestbekundungen angeht, solange dies friedlich geschieht. Bereits Anfang des Jahres hat sich der Verband mit einem entsprechenden Appell an das IOC gewandt.

Leistungssportler würden viele Menschen inspirieren und diese Wirkung entfalte sich am stärksten im Rahmen des Wettkampfs oder bei einer Siegerehrung. „Wir betrachten es als vergebene Chance, Sportlern in diesen Momenten die Möglichkeit zu nehmen, gesellschaftliche Veränderungen anzuregen und ihre Fans auch in dieser Hinsicht zu inspirieren“, so die „Athleten Deutschland“.

Der Leitfaden des IOC fordere dazu auf, die Vielfalt der Sichtweisen, Lebensstile und Werte der Olympiateilnehmer zu Gunsten der Völkerverständigung zu respektieren und damit Einheit zu erzeugen. Der deutsche Athleten-Verband glaube aber nicht, dass Einheit und Verständigung entstehen könnten, wenn der Dialog über unterschiedliche politische Auffassungen unterdrückt werde.

„Sollte es während der Spiele in Tokio zu Verstößen gegen Regel 50 kommen, fordern wir das IOC dazu auf, die oben genannten Punkte bei der Bewertung und etwaigen Sanktionierung dieser Verstöße zu beachten. Wir erwarten außerdem, dass die angekündigte Menschenrechtsstrategie des IOC und der zu gründende Menschenrechtsbeirat sich eingehend mit der Frage befassen, ob und wie die Einschränkung von Grundrechten der Athleten durch das Sportrecht zu rechtfertigen ist.“
Wie der „Daily Telegraph“ berichtet, wollen das IOC und das Internationale Paralympische Komitee an den Richtlinien gegen politische Zeichen festhalten, über mögliche Sanktionen für derartige Statements bei den Olympischen Spielen in Tokio wolle das IOC noch nicht spekulieren.

sputniknews


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