Gewerkschaft fordert rasches Verbot von Werkverträgen in Fleischbranche

  18 Juni 2020    Gelesen: 667
Gewerkschaft fordert rasches Verbot von Werkverträgen in Fleischbranche

Nach dem erneuten Massenausbruch des Coronavirus in einem deutschen Fleischbetrieb hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ein umgehendes Verbot von Werkverträgen in der Branche verlangt.

"Diesem kranken System" müsse nun endlich ein Ende gemacht werden, sagte NGG-Vizechef Freddy Adjan den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstagsausgaben). Das von der Bundesregierung beschlossene Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie müsse "ohne Abstriche im Gesetzgebungsverfahren umgesetzt" werden.

Beim Tönnies-Fleischkonzern im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück waren zuletzt 657 Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet worden, wie der Kreis Gütersloh am Mittwoch mitteilte. Der Kreis schloss umgehend alle Schulen und Kindertagesstätten bis zu den Sommerferien. Alle Infizierten und ihre Kontaktpersonen wurden unter Quarantäne gestellt. Bereits in den vergangenen Monaten hatte es eine Reihe von Coronavirus-Ausbrüchen unter Mitarbeitern deutscher Fleischbetriebe gegeben.
Das Bundeskabinett hatte deshalb vor vier Wochen neue Auflagen für die Branche auf den Weg gebracht. Vorgesehen ist unter anderem ein Verbot von Werkverträgen ab dem 1. Januar 2021. Danach sollen nur Angestellte des eigenen Betriebs Tiere schlachten und zerlegen dürfen.

Die Werkverträge in der Branche sind in Verruf geraten, weil dabei Beschäftigte von Subunternehmen häufig zu Niedriglöhnen und mit überlangen Arbeitszeiten eingesetzt werden. Auch die Unterbringung solcher Mitarbeiter in engen Sammelunterkünften steht in der Kritik. Adjan sagte, die Coronavirus-Ausbrüche hingen ganz offensichtlich mit den "katastrophalen Arbeits- und Lebensbedingungen für die meist osteuropäischen Werkvertrags-Beschäftigten" zusammen.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace warf der Fleischbranche vor, den Schutz vor dem Coronavirus zu vernachlässigen. Während Schulen und Kitas erst jetzt langsam wieder öffnen dürften, werde in Schlachthöfen gearbeitet "als wäre nichts gewesen“, sagte die Greenpeace-Agrarexpertin Stephanie Töwe den Funke-Zeitungen. Die Betreiber nähmen die Infektionsgefahren für die Beschäftigten sowie die Einwohner der Umgebung in Kauf, "um die Produktion von Billigfleisch nicht zu gefährden".

Die Präsidentin des Bundesverbandes der Fleischwarenindustrie, Sarah Dhem, zeigte sich indessen skeptisch, dass das von der Bundesregierung angestrebte Verbot von Werkverträgen in der Branche ohne Weiteres umgesetzt werden kann. Bei einem Verbot solcher Verträge stünden einige Unternehmen "vermutlich kurzfristig vor erheblichen Personalproblemen", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Ihre Branche könne keine hohen Stundenlöhne wie beispielsweise Automobilhersteller zahlen.

"Beim Handy guckt kein Mensch auf den Preis, beim Essen aber wird gespart", sagte Dehm. Dies sei der Grund, warum die Fleischwirtschaft keine so guten Löhne zahlen könne wie andere Branchen.

AFP.com


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