Deutsche Bank: Darum droht dem US-Dollar eine drastische Abkehr

  27 Juni 2020    Gelesen: 907
    Deutsche Bank:   Darum droht dem US-Dollar eine drastische Abkehr

Die Nachfrage nach dem US-Dollar als Reservewährung könnte wegen der von Experten erwarteten zweiten Welle der Covid-19-Pandemie im Herbst drastisch nachlassen. Davor warnt unter anderem die Deutsche Bank. 2021 könnte der Dollar unter Umständen um ein Drittel an Wert verlieren.

Eine weitere Ursache dafür ist, dass die US-Währung wegen des enormen Haushaltsdefizits, der unaufhörlich wachsenden Staatsschulden und der Politik des Federal Reserve System (US-Notenbank) unter Druck steht.

Schwache Wirtschaft
Die Pandemie scheint ihren Höhepunkt hinter sich zu haben. Investoren zeigen wieder Interesse an Devisen von Schwellen- bzw. Entwicklungsländern. In den Vordergrund treten Signale auf ein Wirtschaftswachstum und nicht die Zahlen der Corona-Kranken. Bei diesem Aspekt haben die USA keine positiven Zahlen vorzuweisen: Branchenkenner erwarten im zweiten Quartal eine unerhörte Talfahrt, die sogar 50 Prozent vom BIP erreichen könnte.

Darüber hinaus ist der Dollar massiv überschätzt, was immer mit einem Abwertungsrisiko verbunden ist. Das Vertrauen in die US-Währung zerstört auch die Geldpolitik der US-Notenbank Fed, die vor kurzem die Emission von Billionen Dollar veranlasste, um die Wirtschaft in der Krisenzeit zu unterstützen.

Eine weitere große Gefahr ist mit einem neuen Ausbruch des Coronavirus verbunden, den viele Experten im Herbst erwarten. Analysten der Deutschen Bank gehen davon aus, dass die Nachfrage nach dem Dollar als Reservewährung in diesem Fall weiter schrumpfen wird.

Die größte Frage bestehe darin, ob man Dollar mit einer „Prämie“ für seine vorgebliche Sicherheit angesichts der Ängste vor einer zweiten Corona-Welle kaufen sollte oder nicht, sagte der Chefstratege der Deutschen Bank für den asiatischen Markt, Sameer Goel. Sollten Investoren massenweise dem Dollar den Rücken kehren, würde er gegenüber den meisten Währungen, insbesondere dem chinesischen Yuan, massiv an Wert verlieren, warnte er.

Üblicherweise kauften Investoren und Trader in ungewissen Zeiten Dollar-Aktiva, weil das immerhin die globale Reservewährung sei, so der Branchenkenner. Aber jetzt sei die Situation anders: Washingtons Strategie zur Abschaffung der Quarantäne-Beschränkungen sei verglichen mit anderen Ländern schlechter. Europa beispielsweise erhole sich von der Corona-Krise Covid-19 wesentlich schneller.

„Unter den aktuellen Bedingungen geht die Dollar-Nachfrage zurück“, so Goel.

Gegen den Dollar
Gleichzeitig steht die US-Währung ständig unter Druck wegen der großen Haushalts- bzw. Schuldenprobleme. Im Juni verwies der Experte des Jackson Institute for Global Affairs, der ehemalige Asien-Chef der Bank Morgan Stanley Stephen Roach, darauf, dass die Ära der unerhörten Privilegien des Dollars zu Ende gehe.

„Die Zahlen sprechen für sich: Die US-Schulden liegen inzwischen bei 26 Billionen Dollar und legen jeden Monat um eine Billion zu. Das ist zwölf Mal schneller als vor dem Corona-Ausbruch. Das Haushaltsdefizit übertrifft drei Billionen“, bestätigte Alexander Rasuwajew vom Informations- und Analysenzentrum Alpari.

Roach hob auch hervor, dass der Dollar-Index zwischen Januar und April um sieben Prozent gestiegen sei, weil Investoren in der ganzen Welt die US-Währung als einen sicheren Hafen für die Krisenzeit betrachteten. Deswegen ist der Dollar nach Einschätzung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich 33 Prozent teurer als 2011 (damals hatte seinen Wert den Tiefpunkt erreicht). Aber schon 2021 könnte die US-Währung ein Drittel ihres Wertes wieder verlieren, warnte der Finanzexperte. Das sei wegen des drastischen Rückgangs der Geldvorräte der US-Bevölkerung und wegen der wachsenden Staatsschulden angesichts der erfolgreichen Corona-Überwindung in den Ländern möglich, die zu den wichtigsten Handelspartnern der Amerikaner gehören würden.

Roach verwies auch darauf, dass die Zweifel an der US-Währung weltweit zunähmen. „Devisen sorgen für einen Ausgleich zwischen der inneren Wirtschaftsbasis des jeweiligen Landes und den äußeren Vorstellungen von seiner Kraft bzw. Schwäche“, betonte er.

„In den USA verändert sich diese Bilanz gerade drastisch, also lässt sich ein Zusammenbruch des Dollars in der nächsten Zeit bereits nicht mehr ausschließen.“

Zusätzliche Risiken seien mit den enorm niedrigen Leitzinsen verbunden, die die US-Notenbank nahezu auf null gesenkt habe, so Roach weiter. „Die US-Wirtschaft leidet schon seit langem unter sehr geringen eigenen Ersparnissen und dem chronischen Haushaltsdefizit“, betonte er und warnte, dass sich die Situation noch verschlimmern könne.

Die britische Bank Standard Chartered schloss nicht aus, dass die Fed den Leitzins sogar in den negativen Bereich senken könnte. Die Notenbank müsste diesen Schritt gehen, wenn das Tempo der Erholung der US-Wirtschaft langsamer als erwartet bleiben sollte.

Ihre Kollegen von Goldman Sachs stimmten zu, dass der Leitzins auf minus 0,5 bis minus ein Prozent gesenkt werden könnte.

Experten von Standards Chartered warnten zudem, dass dies zum Einsturz der Renditen der Staatsanleihen führen würde, was Washington jedoch die Bedienung der Schulden erleichtern könnte. Doch für den Dollar würde dies nichts Gutes bedeuten: Das globale Defizit der US-Währung werde verschwinden, so dass sie unvermeidlich billiger werde.

sputniknews


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