Das deutsche Handwerk meldet im Zuge der Lockerungen in der Corona-Krise weiter anziehende Geschäfte. Für eine Entwarnung ist es aus Sicht des Handwerksverbandes ZDH aber zu früh. Eine Befragung von mehr als 1500 Betrieben im Juni habe ergeben, dass nach dem Ende des Lockdowns pandemiebedingte Beeinträchtigungen des Geschäftsbetriebs zwar weiter nachgelassen hätten und "Tendenzen für eine Aufwärtsbewegung" erkennbar seien. Allerdings meldeten Betriebe weiter hohe Umsatzeinbußen, teilte der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) mit.
"Die Umsatzausfälle der Betriebe bleiben insgesamt hoch, weil die Konsum- und Kaufzurückhaltung der Verbraucher auch bei Produkten und Dienstleistungen im Handwerk spürbar ist", sagte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer. Hinzu komme, dass die Auftragspolster nach wie vor schrumpfen und viele Mitarbeiter noch immer nicht oder nur eingeschränkt verfügbar seien.
An der Befragung vom 18. bis zum 23. Juni haben sich nach Angaben des ZDH 1538 Betriebe beteiligt. Demnach melden mit 42 Prozent für den Monat Mai deutlich weniger Betriebe einen geringeren Umsatz als im Vergleich zur Situation vor dem Corona-Lockdown. 41 Prozent berichteten, dass die Umsätze auf dem für die Jahreszeit typischen Niveau liegen. Bei 17 Prozent seien die Umsätze im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit sogar gestiegen. Die Mehrzahl der Betriebe rechne nicht damit, dass die pandemiebedingten Umsatzausfälle bis zum Jahresende aufgeholt werden können.
Baugewerken droht Konjunkturdelle
Am häufigsten von Umsatzrückgängen betroffen waren den Angaben zufolge Lebensmittelbetriebe (70 Prozent) sowie das Gesundheits- und Kfz-Handwerk (je 66 Prozent). Umsatzzuwächse hätten vor allem "persönliche Dienstleister" (37 Prozent) gemeldet. Teils sei dies aber auch auf Sondereffekte zurückzuführen, da etwa viele Friseure - als sie wieder öffnen durften - einen Kundenansturm verbuchten. "Sorge bereitet mit Blick auf die kommenden Monate, dass die Aufträge - besonders in den Bau- und Ausbaugewerken - nicht im notwendigen Maße reinkommen", sagte der ZDH-Präsident. "Schaffen wir hier keine Trendumkehr, dann steht vor allem den Baugewerken die Konjunkturdelle oder gar der Konjunktureinbruch erst noch bevor."
Besonders die öffentliche Hand als wichtigster Auftraggeber müsse ihrer Vorbildfunktion gerecht werden. Von zentraler Bedeutung sei eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit der öffentlichen Verwaltungen. Bei der Entwicklung der Auftragsbestände melden Betriebe zwar eine erneute leichte Entspannung - 40 Prozent meldeten eine stabile Entwicklung, 20 Prozent steigendes Ordervolumen. In der Summe aber sinken laut ZDH die Auftragsbestände nach wie vor, und dieser Rückgang werde sich in Betriebsumsätzen niederschlagen. Auf Jahressicht erwarten die Betriebe der Befragung zufolge "eine weitgehende Stabilisierung ihrer Auftragsbestände".
Nach Darstellung des ZDH scheinen die Störungen in den Lieferketten zuletzt sogar zugenommen zu haben. "Wenn es nicht gelingt, die Lieferketten wieder zum Laufen zu bringen, werden viele Handwerksbetriebe Aufträge nicht ausführen können, was die Schwächephase verlängern würde", warnte Wollseifer: "Insgesamt bleibt das geschäftliche Umfeld für unsere Betriebe eine Herausforderung."
Quelle: ntv.de, wne/dpa
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