Sachsens neuer Verfassungsschutzpräsident Dirk-Martin Christian ist unmittelbar zum Arbeitsbeginn in die Kritik geraten. Nach einem Bericht der "Sächsischen Zeitung" wollte Christian brisante AfD-Daten löschen lassen, "die bisher im Rahmen eines Prüffalls in der Behörde erhoben wurden und zur Einschätzung extremistischer Bestrebungen nötig" waren. Das Material soll Auskunft darüber geben, inwieweit sich AfD-Funktionäre bereits von der freiheitlich-demokratischen Grundordnung entfernt haben. Der bisherige Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), Gordian Meyer-Plath, habe das Schwärzen und Löschen der Daten jedoch abgelehnt. Dem Bericht zufolge würde die Behörde damit "die Bewertungs- und Prognosefähigkeit zur AfD" sowie deren Kontakte in der rechten Szene verlieren.
Der Nachfolger von Meyer-Plath war erst am Dienstag bekannt gegeben worden. Christian war zuvor im sächsischen Innenministerium für die Aufsicht über das LfV zuständig. Die AfD kritisierte den Umstand einer Datensammlung an sich. Sollte das zutreffen, wäre das mit der geltenden Rechtslage unvereinbar, betonte der AfD-Abgeordnete Carsten Hütter. Wenn Christian zur Begrenzung der Datensammlung mit dem besonders geschützten Mandat der Abgeordneten argumentieren sollte, habe er damit aus Sicht der AfD recht: "Landtagsabgeordnete dürfen nicht einfach so überwacht werden."
Die Linken forderten umgehend Aufklärung. "Die Vorwürfe sind schwerwiegend", erklärte Linke-Politikerin Kerstin Köditz. Spätestens in der Sitzung des Innenausschusses am Donnerstag müsse der sächsische Innenminister Roland Wöller Rede und Antwort dazu stehen. Das Innenministerium kündigte für Donnerstag eine Pressekonferenz mit CDU-Politiker Wöller und Christian an. Laut dem Bericht der "Sächsischen Zeitung" war es zwischen Christian und dem Verfassungsschutz in den vergangenen Monaten zu heftigen Konflikten gekommen. Dirk-Martin Christian blockiere die Arbeit im Bereich des Rechtsextremismus und werfe als Chef die Behörde um Jahre zurück, hieß es mit Verweis auf Sicherheitskreise.
Christian soll zuvor auch mit Unterstützern des "Flügel" der AfD Nachsicht gezeigt haben, wie "Neues Deutschland" berichtet: Völkische Argumentationen der von vielen Beobachtern als rechtsextrem eingestuften Gruppierung seien dem neuen LfV-Chef nur dann relevant, "wenn belegbar sei, dass der Parlamentarismus des Grundgesetzes durch eine völkische Gesellschaftsordnung ersetzt werden solle." Ähnlich sei er verfahren, als der Verfassungsschutz die Pegida-Bewegung zum Beobachtungsfall machen wollte. Als zuständiger Fachaufsicht hätten ihm die Anhaltspunkte dafür jedoch nicht ausgereicht.
Quelle: ntv.de, tsi/dpa
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