Die Corona-Pandemie und eine tiefe gesellschaftliche Spaltung haben den diesjährigen Unabhängigkeitstag der USA überschattet. Statt das Land mit versöhnlichen Tönen zu einen, nutzte US-Präsident Donald Trump seine Auftritte am Freitag am Mount Rushmore und am Samstag in Washington für scharfe Kritik an den Anti-Rassismus-Protesten, seine politischen Gegner und die Medien. Sein Corona-Krisenmanagement verteidigte er trotz einer rasanten Ausbreitung des Virus als gut funktionierende Strategie.
Trumps Ansprache zum Nationalfeiertag im Garten des Weißen Hauses stand im Zeichen des Wahlkampfs für seine Wiederwahl am 3. November. "Wir sind dabei, die radikale Linke, die Marxisten, die Anarchisten, die Agitatoren und die Plünderer zu besiegen", sagte Trump bei der Zeremonie in Washington in einem Rundumschlag gegen seine politischen Gegner. Die Teilnehmer der Anti-Rassismus-Proteste seien "nicht interessiert an Gerechtigkeit und Heilung. Ihr Ziel ist Zerstörung."
"Wir werden dem wütenden Mob niemals erlauben, unsere Statuen niederzureißen, unsere Geschichte auszulöschen, unsere Kinder zu indoktrinieren oder auf unserer Freiheit herumzutrampeln", fügte der US-Präsident hinzu. Zudem wandte er sich gegen Medien, "die ihre Gegner zu Unrecht beschuldigen, rassistisch zu sein". "Je mehr Sie lügen, je mehr Sie verleumden, desto mehr arbeiten wir dafür, die Wahrheit zu sagen, und wir werden siegen", fügte Trump hinzu.
Corona-Strategie "funktioniert gut"
Angesichts anhaltender Vorwürfe wegen seines Krisenmanagements im Umgang mit der Corona-Pandemie beteuerte Trump: "Wir haben viele Fortschritte gemacht. Unsere Strategie funktioniert gut." Außerdem seien wahrscheinlich "lange vor Jahresende" eine wirksame Therapie oder ein Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus verfügbar. Während das Ursprungsland China den Corona-Ausbruch verschleiert habe, setzten die USA ihm "wissenschaftliche Brillanz" entgegen.
Die USA sind das am stärksten von der Corona-Pandemie betroffene Land der Welt. Insbesondere in den südlichen und westlichen Bundesstaaten breitet sich das Virus derzeit rasant aus. Allein am Samstag wurden mehr als 43.000 Neuinfektionen gemeldet. Landesweit wurden damit bereits 2,84 Millionen Ansteckungen nachgewiesen, fast 130.000 Infizierte starben.
Wegen der Corona-Krise fielen die Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag deutlich kleiner aus als üblich, schätzungsweise 80 Prozent der sonst üblichen Veranstaltungen fielen aus. In Washington gab es wie üblich eine Flugshow mit Kampfflugzeugen aus dem Zweiten Weltkrieg und der Kunstflugstaffel Blue Angels.
Trump ließ es sich außerdem nicht nehmen, am Vorabend eine Rede am Mount Rushmore in South Dakota zu halten, wo die Konterfeis der vier bedeutenden früheren US-Präsidenten George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln in die Felsen gehauen sind. Zu Trumps Rede und einem Feuerwerk versammelten sich tausende Menschen, die wenigsten von ihnen trugen Masken.
"Alle gleich geschaffen"
Trump lobt vor dem Monument die USA als "das gerechteste und außerordentlichste Land, das jemals auf der Erde existiert hat". Zugleich machte er Stimmung gegen die Anti-Rassismus-Bewegung. Diese führe "eine gnadenlose Kampagne, die darauf abzielt, unsere Geschichte auszulöschen, unsere Helden zu diffamieren". Die landesweiten Proteste gegen Rassismus waren durch den Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz Ende Mai in Minneapolis ausgelöst worden.
Vor diesem Hintergrund formulierte Trumps demokratischer Herausforderer bei den Präsidentschaftswahlen am Samstag einen Appell auf Twitter: "Unsere Nation wurde auf einer einfachen Idee gegründet: Wir sind alle gleich geschaffen." Die US-Bürger hätten dies zwar nie vollständig umgesetzt, aber "nie aufgehört, es zu versuchen". "Lasst uns an diesem Unabhängigkeitstag diese Worte nicht nur feiern, sondern uns verpflichten, sie endlich umzusetzen", schrieb Biden.
Auch vor dem Weißen Haus äußerten sich Bürger besorgt über die gesellschaftliche Spaltung. "Wir sollten unsere Einheit, Vielfalt, Freiheit feiern", sagte die Transgender-Aktivistin und Trump-Unterstützerin Kristy Pandora Greczowski. "Wir sollten uns nicht als Feinde betrachten, die bereit sind, in den Krieg zu ziehen." Der 54-jährige Marc Byrne kritisierte: "Wir sprechen nicht miteinander, wir schreien uns an."
Quelle: ntv.de, sba/AFP
Tags: