Das oberste Gericht der USA hat die Entscheidung einer Richterin aufgehoben, nach der mehrere Exekutionen kurzfristig ausgesetzt werden sollten. Der Supreme Court verkündete, dass damit die erste Hinrichtung auf Bundesebene seit 17 Jahren stattfinden könne. Der Gefangene Daniel Lewis Lee soll per Giftspritze getötet werden.
Als Begründung gab das Gericht an, der Argumentation der Richterin nicht zu folgen. Die Juristin hatte zuvor die Chance für die Verurteilten eingefordert, rechtlich gegen den "extremen Schmerz und das sinnlose Leiden" des Todes durch die Giftspritze vorgehen zu können.
Demnach verursacht die Gabe einer hohen Dosis des Barbiturats Pentobarbital Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge, die zu Erstickungsgefühlen führen könnten. "Die Regierung hat eigene Expertenaussagen dazu eingeholt, nach denen ein Lungenödem erst auftritt, nachdem der Gefangene bereits verstorben ist oder vollkommen empfindungslos", kommentierte das Gericht nun.
Daniel Lewis Lee war wegen des Mordes an einem Ehepaar und dessen achtjähriger Tochter zum Tode verurteilt worden. Ursprünglich sollte Lee am Montag um 16 Uhr in Terre Haute im US-Bundesstaat Indiana exekutiert werden. Weniger als sieben Stunden vor dem anberaumten Hinrichtungstermin hatte die Richterin Tanya Chutkan vom US-Bundesgericht in Washington die Exekution gestoppt.
Konstruierte Dringlichkeit
Kritiker hatten zuvor die Entscheidung, die Hinrichtung durchzuführen, als gefährlichen und politischen Schachzug bezeichnet. Sie argumentieren, die Regierung schaffe eine unnötige und konstruierte Dringlichkeit bei einem Thema, das derzeit nicht ganz oben auf der Liste der US-amerikanischen Probleme stehe.
In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP hatte Justizminister William Barr in der vergangenen Woche gesagt, das Justizministerium habe die Pflicht, die von den Gerichten verhängten Strafen, einschließlich der Todesstrafe, zu vollstrecken. Damit solle den Opfern und den Menschen in den Gemeinden, in denen die Morde geschahen, ein Gefühl des Abschlusses vermittelt werden.
Die Verwandten von Lees Opfern widersprechen dem jedoch. Sie fordern, die Todesstrafe des Mörders in lebenslange Haft umzuwandeln. Bei der Exekution wollen sie vor Ort sein, um zu zeigen, dass dies nicht in ihrem Namen geschieht.
Familie in "unhaltbarer Lage"
Dafür müssten die Angehörigen jedoch Tausende von Kilometern zurücklegen. Außerdem müssten sie der Hinrichtung in einem kleinen Raum beiwohnen, in dem es praktisch unmöglich sei, Abstandsregeln einzuhalten.
Die US-Bundesgefängnisse hatten in den letzten Monaten Probleme gehabt, die steigende Zahl der Coronavirus-Fälle hinter Gittern einzudämmen. Derzeit gibt es laut Bundesstatistik vier bestätigte Coronavirus-Fälle und einen Todesfall unter den Insassen des Gefängnisses von Terre Haute, in dem Lee sitzt.
"Die Bundesregierung hat diese Familie in die unhaltbare Lage gebracht, zwischen ihrem Recht, Zeuge von Danny Lees Hinrichtung zu sein, und ihrer eigenen Gesundheit und Sicherheit zu wählen'', sagte der Anwalt der Familie.
Ende Juni hatte das oberste Gericht der USA den Weg zur Wiederaufnahme von Hinrichtungen auf Bundesebene geebnet. Während viele US-Bundesstaaten die Todesstrafe vollstrecken, hat es auf Bundesebene seit 2003 keine Hinrichtung mehr gegeben. Die Todesstrafe wurde seitdem zwar weiter verhängt, aber nicht vollstreckt.
spiegel
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