Bundestag verschärft Asylrecht

  25 Februar 2016    Gelesen: 889
Bundestag verschärft Asylrecht
Der Bundestag hat sich mit breiter Mehrheit für das von CDU/CSU und SPD eingebrachte Asylpaket II ausgesprochen.
Verabschiedet wurde auch ein Gesetz, das die Schwellen für die Ausweisung straffällig gewordener Ausländer absenkt.
Bereits am Freitag soll die Regelung auch im Bundesrat gebilligt werden.

Der Bundestag hat das Asylpaket II mit breiter Mehrheit beschlossen: In der namentlichen Abstimmung votierten 429 Abgeordnete mit Ja, es gab 147 Nein-Stimmen und vier Enthaltungen.

Das Ergebnis zeigt, dass die Reform auch in der Koalition nicht unumstritten ist. Die Opposition im Bundestag verfügt lediglich über 127 Sitze. 30 Abgeordnete der SPD lehnten das Asylpaket ab, vier enthielten sich. Mit Nein stimmte auch Christoph Strässer, der scheidende Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung. Der SPD-Politiker hatte am Montag seinen Rücktritt zum Monatsende erklärt und dies mit Arbeitsüberlastung begründet, aber auch mit seiner Kritik am Asylpaket II.

Beschlossen hat der Bundestag auch ein Gesetz, das die Ausweisung straffällig gewordener Ausländer erleichtert. Künftig kann dafür eine Bewährungsstrafe ausreichen. Dies gilt auch für die Grenze, ab der einem Asylbewerber die Anerkennung als Flüchtling verweigert werden kann. Das Gesetz, dass das erst zum Jahresanfang inkraft getretene neue Ausweisungsrecht bereits wieder ändert, war eine Reaktion auf die Straftaten in der Silvesternacht in Köln.

Beide Gesetze sollen bereits an diesem Freitag im Bundesrat verabschiedet werden.

So lief die Debatte

Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt, hatte das Asylpaket II der großen Koalition vor der Abstimmung heftig kritisiert. Zu Beginn ihrer Rede im Bundestag zählte sie eine ganze Reihe von Verbänden auf, die die Regelungen der Bundesregierung ablehnen. "Und ich finde zurecht", sagte Göring-Eckardt. Besonders scharf verurteilte sie, dass Schwarz-Rot eine Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz anstrebt, im Regelfall sogar bei minderjährigen Flüchtlingen. "Sie trennen Familien", sagte die Grünen-Politikerin. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge würden in Zukunft der Behördenwillkür ausgeliefert. "Den Familiennachzug auszusetzen, das ist unverantwortlich und schäbig", sagte Göring-Eckardt. Sie fragte: "Was sagt der 14-Jährige jetzt seiner Mutter am Telefon? `Ihr könnt nicht nachkommen?`"

Auch der Linken-Abgeordnete Jan Korte kritisierte die geplanten Regelungen zum Familiennachzug. Sie würden dazu führen, dass sich wieder mehr Familien auf die gefährliche Route über das Mittelmeer begeben würden, sagte er. Diese Ansicht teilte auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katja Dörner. Der großen Koalition gehe es nur noch darum, wie sie Menschen, die sie loswerden wolle, möglichst schnell abschieben könne, sagte die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke. Das sei "unerträglich und ekelhaft".

Koalitionspolitiker verteidigten ihre Pläne

Politiker aus den Regierungsparteien verteidigten das Vorhaben der großen Koalition. Die Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz (SPD) sagte, die Aussetzung des Familiennachzuges betreffe nur eine "kleine Gruppe" von Flüchtlingen mit ungesichertem Aufenthalt. Özoguz verwies darauf, dass im vergangenen Jahr lediglich 1700 Flüchtlinge in Deutschland den eingeschränkten subisidiären Schutz erhalten hätten, für die die Aussetzung des Familiennachzuges gilt. Zudem laufe die Regelung nach zwei Jahren aus, es werde an der Rechtslage nichts Grundsätzliches geändert.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder (CDU), sagte, die Neuregelungen seien nötig, um die Bereitschaft der Bevölkerung zur Aufnahme von Flüchtlingen aufrechtzuerhalten. Deshalb solle es Schutz und Hilfe nur noch für jene geben, die sie wirklich brauchen. Er sprach sich für einen härteren Umgang mit jenen aus, "die im Asylverfahren nicht mitwirken oder sich durch Tricks einen längeren Aufenthalt in Deutschland erschleichen wollen."

Der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall (SPD) hob hervor, dass zuletzt mehr Asylbewerber sein Bundesland verlassen hätten. SPD-Politiker betonten am Donnerstag in Berlin, mit der Festlegung "sicherer Herkunftsstaaten" alleine sei es nicht getan. Die dadurch entstehenden Möglichkeiten müssten auch "effektiv genutzt" werden. Die Zahl der Abschiebungen aus Baden-Württemberg habe sich im vergangenen Jahr verdoppelt. Noch mehr Menschen ohne Aussicht auf Asyl seien nach einer Beratung freiwillig ausgereist. Die Linken-Politikerin Heike Hänsel sprach von einem absoluten Skandal, "sich zu brüsten, welches Bundesland am besten und am meisten abschiebt".

Was das Asylpaket II vorsieht

Bestimmte Flüchtlingsgruppen - unter anderem Asylbewerber aus "sicheren Herkunftsstaaten" - sollen künftig in neuen Aufnahmeeinrichtungen untergebracht werden, wo ihre Asylanträge im Schnellverfahren abgearbeitet werden.
Während ihres Aufenthalts dort soll für die Flüchtlinge eine strenge Residenzpflicht gelten: Das heißt, sie dürfen den Bezirk der Ausländerbehörde, in der ihre Aufnahmeeinrichtung liegt, nicht verlassen. Tun sie das doch, werden Leistungen gestrichen, und das Asylverfahren ruht.
Für eine bestimmte Flüchtlingsgruppe soll der Familiennachzug für einen Zeitraum von zwei Jahren ausgesetzt werden. Es geht um Menschen, für die nur "subsidiärer Schutz" in Deutschland gilt. Das sind jene, die sich nicht auf das Grundrecht auf Asyl berufen können und auch keinen Schutzstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention genießen, aber dennoch nicht heimgeschickt werden, weil ihnen dort zum Beispiel Folter oder Todesstrafe drohen. Von diesem Passus sollen im Regelfall auch minderjährige Flüchtlinge betroffen sein. In Härtefällen soll es allerdings Ausnahmen geben können.
Über einen Umweg sollen aber auch "subsidiär Geschützte", vor allem aus Syrien, Angehörige nachholen können: Ihre Partner oder Kinder, die noch in Flüchtlingscamps in der Türkei, Jordanien und dem Libanon sind, sollen vorrangig mit Kontingenten nach Deutschland geholt werden. Solche Kontingente müssen aber noch auf EU-Ebene mit diesen Ländern vereinbart werden.
Wer als Asylbewerber Zugang zu Integrationskursen bekommt, soll einen Teil der Kosten dafür - zehn Euro monatlich - selbst tragen.

Abschiebungen sollen erleichtert werden - auch bei gesundheitlichen Problemen der Betroffenen. Nur schwere Erkrankungen sollen ein Hinderungsgrund sein. Auch bei der Beschaffung von Papieren für abgelehnte Asylbewerber will der Bund mehr tun. Abschiebungen scheitern bislang oft an fehlenden Ausweisdokumenten.

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