EU-Sondergipfel geht in die nächste Runde

  20 Juli 2020    Gelesen: 703
EU-Sondergipfel geht in die nächste Runde

Eigentlich sollte der Corona-Krisenplan bereits beschlossen sein, aber die Verhandlungen der EU-Mitgliedsstaaten verlaufen zäh. Vor allem fünf Länder stellen sich quer. Das Treffen wird ein weiteres Mal verlängert. Doch es scheint ein Kompromiss in Aussicht.

Nach deutlichen Fortschritten auf dem Weg zu einem Corona-Krisen-Paket wird der EU-Sondergipfel in Brüssel nochmals verlängert. EU-Ratspräsident Charles Michel kündigte nach Angaben von Diplomaten einen neuen Verhandlungsvorschlag an. Dieser werde darauf basieren, den Anteil der Zuschüsse im Corona-Rettungsprogramm auf 390 Milliarden Euro zu senken. Ursprünglich sollten es einmal 500 Milliarden sein. Der Kompromiss sei aber noch nicht völlig unter Dach und Fach, hieß es.

Die Gespräche wurden am frühen Montagmorgen unterbrochen und sollen am Nachmittag wieder aufgenommen werden, wie der Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel auf Twitter mitteilte. Zunächst sprach er von 14 Uhr, verschob den Termin dann aber wenig später auf 16 Uhr. Damit läuft das am Freitag gestartete Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs bereits zwei Tage länger als geplant.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und die übrigen Staats- und Regierungschefs hatten die ganze Nacht zum Montag einen Kompromiss im Streit über das milliardenschwere Krisenpaket gesucht. Hauptstreitpunkt war dabei genau die Frage, wie viele Zuschüsse aus dem geplanten Corona-Krisenplan an EU-Staaten vergeben werden könnten.

Ursprünglich lautete der Vorschlag für das Konjunktur- und Investitionsprogramm: ein Gesamtumfang von 750 Milliarden Euro, davon 500 Milliarden an Zuschüssen, die die Empfänger nicht zurückzahlen müssen, sowie 250 Milliarden als Kredite. Die Staatengruppe der sogenannten Sparsamen Vier - Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande - inzwischen verstärkt durch Finnland, wollte aber ursprünglich gar keine Zuschüsse, sondern nur Kredite. Im Laufe des Sonntags näherten sich die Positionen schrittweise an - ohne jedoch zur Lösung zu führen.

Vorwürfe gegen Kurz
Statt im Kompromiss endete ein Abendessen der Staats- und Regierungschefs am Sonntag in bitteren Vorwürfen. Aus der Delegation eines großen EU-Staates hieß es um kurz nach Mitternacht, die Gespräche seien noch immer sehr schwierig, weil die "Sparsamen" weiter blockierten. Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz höre nicht zu und kümmere sich lieber um Medienarbeit. Zudem instrumentalisiere Kurz zusammen mit den Niederlanden das Thema Rechtsstaatlichkeit, um zu blockieren.

Der französische Präsident Emmanuel Macron habe mit Unterstützung von Merkel schließlich kräftig auf den Tisch gehauen, hieß es. Es gebe nun weiter bilaterale Gespräche. Eine ursprünglich auf 45 Minuten angesetzte Pause des Plenums aller Staaten dehnte sich Stunde um Stunde bis in den frühen Morgen.

Nach Angaben weiterer Diplomaten war unter den "Sparsamen" Gesprächsbereitschaft bei der Frage des Umfangs an Zuschüssen zu erkennen. Es zeichne sich ein Kompromiss ab, der bei 375 Milliarden Euro an Zuschüssen liege, sagte ein Diplomat. Schließlich wurde die Zahl von 390 Milliarden Euro genannt, auf die Michel seinen neuen, umfassenden Kompromissvorschlag nun gründen will. Auch in anderen Punkten seien starke Annäherungen erreicht worden, hieß es weiter. Merkel und Macron wollten nach Angaben von Diplomaten aber nicht unter eine Summe von 400 Milliarden Euro gehen. 22 der 27 Staaten seien bereit, diese Summe mitzutragen.

Mit dem erwarteten Kompromissvorschlag sei ein Weg zu einer Einigung erkennbar, erklärte ein EU-Diplomat. Ob es beim anvisierten Gesamtvolumen des Programms von 750 Milliarden Euro bleibt, ist aber noch offen. Möglicherweise werde man bei einem Betrag zwischen 700 und 750 Milliarden Euro landen, sagte ein anderer Diplomat. Teil des neuen Vorschlags sei auch, dass die Rabatte bei den Beiträgen zum EU-Haushalt für die "Sparsamen" kleiner ausfallen als geplant.

n-tv


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