Der Chef der Mindestlohnkommission, Jan Zilius, hat vor einer schnellen Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro gewarnt. "Von heute auf morgen den Mindestlohn auf zwölf Euro anzuheben, wäre höchst problematisch", sagte er der Rheinischen Post. "Weil wir dann eine Überholung von laufenden Tarifverträgen in einem Umfang hätten, der mit unserer im Grundgesetz vereinbarten Tarifautonomie nicht mehr viel zu tun hätte", sagte der Vorsitzende der staatlichen Kommission. "Anders ausgedrückt: Wir würden mit einer zu schnellen Erhöhung auf zwölf Euro die Tarifverhandlungen für untere Lohngruppen obsolet machen", erklärte Zilius.
SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil will im Herbst Reformvorschläge für das Mindestlohngesetz vorlegen, um zu erreichen, dass der Mindestlohn schneller auf zwölf Euro angehoben wird. Dabei müsse Heil aber vorsichtig vorgehen, so Zilius. "Wir müssen sehr aufpassen, dass wir mit den bestehenden Tarifvertragsregelungen nicht kollidieren: Einen Mindestlohn, der in großem Umfang über geltende Tarifverträge hinausginge, also höher läge als die untersten Tarifgruppen, hielte ich für problematisch", sagte er.
Zugleich räumte Zilius ein, dass die Kommission nicht genau wisse, wie viele Unternehmen den Mindestlohn umgehen. "Wir müssen von einer hohen Dunkelziffer ausgehen." Faktisch werde der Mindestlohn meistens durch nicht abgegoltene Überstunden beziehungsweise durch die nicht korrekte Erfassung der Arbeitszeit unterlaufen.
"Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls kann im Moment flächendeckend gar nicht in alle Kleinstbetriebe hineinschauen", erklärte der Kommissionschef. Es sei daher notwendig, den bereits geplanten Stellenaufbau zügig zu realisieren. "Es ist auch wichtig, dass der Zoll bei seinen Kontrollen stärker diejenigen Branchen und Beschäftigungsformen in den Fokus nimmt, in denen der Mindestlohn eine besonders hohe Relevanz hat", forderte Zilius.
Quelle: ntv.de, jru/DJ
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