Grüne wollen Asylpaket II von UN prüfen lassen

  26 Februar 2016    Gelesen: 1063
Grüne wollen Asylpaket II von UN prüfen lassen
Die Aussetzung des Familiennachzugs für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge könnte bald die UN beschäftigen. Zwei Abgeordnete der Grünen sehen Kinderrechte verletzt.
Die Aussetzung des Familiennachzugs für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge hat wochenlang die Verabschiedung des Asylpakets II verhindert. Am Ende rang sich die Große Koalition zu einem Kompromiss durch – am Donnerstag wurde die Verschärfung des Asylrechts vom Bundestag beschlossen, am heutigen Freitag billigte der Bundesrat das Gesetz. Jetzt könnte die umstrittene Regelung die UN beschäftigen: In einem Brief fordern der Bundestagsabgeordnete Volker Beck und die Europaabgeordnete Barbara Lochbihler den UN-Kinderrechtsausschuss (CRC) auf, die Aussetzung des Familiennachzugs zu überprüfen.

"Das Asylpaket II ist eine Schmach für die Menschenrechte in Deutschland und eine Schande für CDU, CSU und SPD", begründet Beck das Schreiben, das ZEIT ONLINE vorliegt. Die Regelung offenbare einen "tiefen Mangel an Humanität" und trete den "grundgesetzlich und menschenrechtlich verbürgten Schutz der Familie mit Füßen".

Zugleich argumentiert Beck auch mit weiteren Kosten. "Für jeden Minderjährigen, dem das Leben mit seinen Eltern in Deutschland verwehrt wird, wird die Jugendhilfe hohe Summen aufbringen müssen." Mit der Aussetzung treibe die Bundesregierung syrische Flüchtlinge auf "marode Schlepperboote".

Das deutsche Asylrecht kennt unterschiedliche Kategorien von Flüchtlingen. Asyl nach Artikel 16a Grundgesetz erhält, wer nachweisen kann, dass er aus politischen, religiösen oder sonstigen persönlichen Gründen in seinem Heimatland staatlich verfolgt wird. Kriege oder Bürgerkriege sind kein Asylgrund. Anerkannte Asylbewerber erhalten eine befristete Aufenthaltserlaubnis und können ihre Familien nachholen. Von Januar bis Oktober beantragten 362.153 Menschen in Deutschland Asyl. Knapp 40 Prozent der Anträge wurden abgelehnt, 20 Prozent erledigten sich auf andere Weise, zum Beispiel, weil es sich um Dublin-Fälle handelte, also Personen, die nach den Regeln der EU in den Mitgliedstaat zurückgeführt werden sollen, wo sie zuerst registriert wurden.

Auch Artikel 9 der Konvention sehen Beck und Lochbihler von der Regelung verletzt. Danach verpflichten sich die Vertragsstaaten, Kinder nicht gegen ihren Willen von ihren Eltern zu trennen. Zudem werde durch die Aussetzung des Familiennachzugs eine persönliche und direkte Beziehung der Kinder zu ihren Eltern verhindert, was ebenfalls einen Rechtsverstoß bedeute. Die Eltern wiederum würden an der Ausübung ihrer Rechte und Pflichten gehindert.

Auf dieser Grundlage fordern Beck und Lochbihler, dass der Ausschuss die Regelung prüft und "die Schritte unternimmt, die er für angemessen erachtet, damit Deutschland sich an die UN-Kinderrechtskonvention hält". Das 18-köpfige Gremium ist der erste Ansprechpartner für Verstöße gegen Kinderrechte: Er überwacht die Einhaltung der UN-Konvention und prüft dazu in regelmäßigen Abständen Berichte von Vertragsstaaten und NGOs.

Nachzug nur in Härtefällen

Das Asylpaket II sieht vor, dass der Nachzug für Familienangehörige von Personen mit subsidiärem Schutz für zwei Jahre ausgesetzt wird. Als Einschränkung führt die Bundesregierung an, dass in besonderen Härtefällen enge Angehörige nachkommen dürfen. Ob die Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind, soll durch das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium entschieden werden. Zudem sollen Angehörige von subsidiär Schutzberechtigten bei künftigen Flüchtlingskontingenten bevorzugt behandelt werden. Bisher ist die Einführung von solchen Kontingenten aber am Widerstand zahlreicher EU-Staaten gescheitert. Eine Einigung ist nicht in Sicht.

Die Regelung war vor der Verabschiedung durch den Bundestag stark kritisiert worden. Nicht nur die Opposition, auch Teile der SPD lehnen sie ab. In diesem Zusammenhang hatte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), seinen Rücktritt erklärt. In einem Schreiben an die SPD-Mitglieder in seinem Wahlkreis Münster hatte er das Asylpaket II als "schwer vereinbar mit meinen eigenen Positionen und meiner eigenen Glaubwürdigkeit" bezeichnet.

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