Nach einem entspannten Abend im Biergarten klingelt plötzlich das Telefon und ein Polizist fragt nach, ob der Besucher vielleicht etwas von einem Einbruch im Nachbarhaus bemerkt hat: Eine bundesweite Polizei-Praxis, für Ermittlungen auf die Corona-Gästelisten von Restaurants zurückzugreifen, stößt bei der FDP auf Kritik. "Wer seine Daten in dem Glauben preisgibt, dies sei zur Offenlegung von Infektionsketten gedacht, darf sich nicht plötzlich in einer polizeilichen Ermittlung wiederfinden", sagte der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Zuletzt waren mehrere solcher Fälle in Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz oder Bayern gemeldet und auch von den Behörden verteidigt worden. Auf Anordnung der Gesundheitsämter müssen die Restaurants ihre Gäste registrieren. In Anmeldebögen heißt es etwa, die Daten würden "ausschließlich im Falle einer Infektion mit dem Corona-Virus" verwendet.
Die tatsächliche Polizeipraxis hat nach den Worten des FDP-Politikers Kuhle "das Potenzial, das Vertrauen der Bevölkerung in die Corona-Maßnahmen zu erschüttern". Die Hürden zur Verwendung solcher Daten müssten hoch sein, Missbrauch ausschließen und das Vertrauen der Menschen in den Schutz ihrer persönlichen Daten sicher stellen", forderte der FDP-Politiker.
Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga nennt das Vorgehen der Polizei "ein hochsensibles Thema". In einem Schreiben an die rund 65.000 Mitglieder, das den Funke-Zeitungen vorliegt, bringt der Verband seine Sorge um die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen zum Ausdruck. In jedem Fall solle "äußerst zurückhaltend von derartigen Zweckänderungen der Datenerhebung Gebrauch gemacht werden", heißt es darin. "Andernfalls könnten Konfliktsituationen zwischen Gastwirten und Gästen zunehmen, wenn Gäste aufgrund gehäufter polizeilicher Abfragen Vorbehalte gegen die vorgeschriebene Gästedatenregistrierung haben."
Fälle in Bayern und Rheinland-Pfalz
Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete von einem Raubüberfall auf ein Schuhgeschäft in Rosenheim. Danach habe die Polizei anhand einer Gästeliste nach Zeugen gesucht, in der Umgebung von Starnberg brauchten die Fahnder die Gästedaten für einen Rauschgiftfall. Der bayerische Landesbeauftragte für Datenschutz, Thomas Petri, hatte deshalb Prüfungen eingeleitet, berichtete die Zeitung. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hatte die Praxis verteidigt und einen Fall zitiert, wonach ein vermisster Wanderer mithilfe der Restaurant-Daten kontaktiert werden konnte.
Auf Anfrage des SWR, der für Rheinland-Pfalz ebenfalls über mehrere Polizei-Zugriffe auf Restaurantlisten berichtet hatte, teilte das Bundesjustizministerium mit, die Strafverfolgungsbehörden dürften die Kontaktdaten der Gäste sicherstellen und beschlagnahmen, wenn es nach der Strafprozessordnung etwa um ein Ermittlungsverfahren gehe. Laut dem Sender verlangte der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Dieter Kugelmann ebenfalls hohe Hürden für den Zugriff der Polizei auf die Restaurantlisten. "Die Ausnahme darf eben nicht zur Regel werden."
Quelle: ntv.de, mau
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