Porsche 911 Targa 4S

  10 Auqust 2020    Gelesen: 1111
Porsche 911 Targa 4S

Ob der Targa das schönere 911er Cabrio ist, liegt im Auge des Betrachters. Eine Fahrmaschine ist er allemal. Vor allem dann, wenn er als 4S mit Sechszylinder und 450 PS unterwegs ist. Aber die Geschichte hat eben auch ihren Preis.

Es gilt mehr denn je: Früher war selbst die Zukunft besser. Vielleicht ist das der Grund, warum auch die Autohersteller sich beim Design ihrer Fahrzeuge gerne auf Vergangenes besinnen. Sei es die übergroße BMW-Niere, also der üppige Kühlergrill der neuen Modelle der Bayern, oder sei es das Stuttgarter Formbild, das das Design mit einem GT ins Spiel brachte und dabei selbstredend den SL 300 im Blick hatte. Nun kann man sagen, dass Porsche von diesem Spiel mit der Vergangenheit nie so arg berührt war wie die Konkurrenz. Schließlich hält man sich in Zuffenhausen seit Jahrzehnten an die Designvorgaben eines Ferry Porsche. Vor allem bei einem 911.


Und dennoch, auch im Ländle der schwäbischen Sportwagenschmiede blickt man manchmal zurück und erinnert sich an Ikonisches. So zum Beispiel an den 911 Targa 2.0 von 1965. Seinerzeit stand der Zweisitzer noch für das Konzept des sicheren Offenfahrens, er war das "Sicherheitscabriolet mit Überrollbügel". Durchgesetzt hat sich aber nicht dieser Aspekt, sondern das daraus resultierende besondere Design des Sonnenanbeters mit den herausnehmbaren Dachelementen. Dennoch wurde die Produktion 1976 eingestellt. Eine kurze Renaissance erlebte das Targa-Konzept von 2003 bis 2006 mit dem Carrera GT, der auch als Targa angeboten wurde.

Der Wind, der Wind

Doch wirklich wiederentdeckt wurde das Konzept erst im Jahr 2014 mit dem 991. Doch anders als bei dem Ur-Targa muss das Dachteil nicht mehr per Hand zwischen der Frontscheibe und dem charakteristischen breiten Bügel herausgehoben werden, sondern es schließt und öffnet sich vollautomatisch in nur 19 Sekunden. Das hat in zweierlei Hinsicht Charme: Mit dem schon erwähnten Bügel bleibt die typische 911er-Form besser erhalten als beim Cabrio und der Wind findet andere Wege bei schneller Fahrt, als um das Haupt der Passagiere zu wehen. Obgleich - eine Misslichkeit gibt es doch. Ab einer bestimmten Geschwindigkeit fängt es an in den Ohren zu pumpen, weil sich eben die Verwirbelungen im Bügel verfangen.

Doch wenden wir uns den mehr als angenehmen Dingen zu: den Fahreigenschaften eines Porsche 911 Targa 4S. Ja, natürlich gibt es den eigenwilligen Sonnenanbeter auch als "schlichte" 4. Was dann nichts anderes bedeutet, als dass der Dreiliter-Sechszylinder-Boxermotor hier 385 PS leistet, ein maximales Drehmoment von 450 Newtonmeter auf die Achsen schaufelt und den Sportfreund in 4,2 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 beschleunigt. Am Ende stehen mit schwerem Gasfuß 298 km/h auf dem Tacho. Reicht aus? Natürlich! Keine Frage, aber warum kleckern, wenn man klotzen kann. Der 4S übertrifft das Ganze nämlich nicht nur um 15.000 Euro mit einem Einstiegspreis von 140.327 Euro, sondern auch bei den Fahrwerten.

Die Bügel-Kampfmaschine

Aus dem gleichen Sechszylinder haben die Ingenieure hier 450 PS gekitzelt. Wenn die analoge Nadel des Drehzahlmessers drei Striche hinter der 2 steht, also 2300 Kurbelwellenumdrehungen anzeigt, pressen 530 Newtonmeter die Mischbereifung an Front und Heck in den Asphalt, dass man meinen möchte, man riecht bereits beim Antritt verbrannten Gummi. Dem ist nicht so, aber über die 245er Schluffen vorn und die 305er Walzen am Hinterteil schiebt die Bügel-Kampfmaschine gewaltig an. Bereits nach 3,6 Sekunden ist der Standardsprint beendet. Wenige Sekunden später ist Tempo 200 erreicht und wer jetzt noch nicht genug hat, der lässt den Boliden bis auf 304 km/h fliegen.

Das sind Rennstreckenwerte und der gesunde Menschenverstand verbietet es, den Flug in Überschallgeschwindigkeit auf öffentliche Straßen zu vollführen. Aber der Kenner weiß ohnehin, dass die schiere Geschwindigkeit niemals das Können eines Fahrzeuges und dessen Piloten zum Ausdruck bringt. Die Verbindung von Mensch und Maschine beginnt und endet in der Kurve und für die ist auch der 911 Targa 4S gemacht. Stabil wie an den Magneten der Carrera-Bahn geführt pfeilt der Porsche auf Wunsch durch die Kehren. Der Winkel? Fast egal. Die physikalischen Kräfte? Wirken natürlich auf Fahrzeug und Fahrer. Aber dieser Porsche lenkt so präzise und bleibt dank der elektronisch geregelten variablen Dämpfer und der ebenfalls elektronisch geregelten Hinterachs-Quersperre mit variabler Momentenverteilung bis in den weit, weit gesteckten Grenzbereich so gutmütig, so sportlich einfach, dass es scheint, als könne ihn nichts aus der Ruhe bringen. Auch dann nicht, wenn die Zahl im Tacho ganz anderes vermuten lässt.

n-tv


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