Warum tust du uns das an, Thomas Müller?

  18 Auqust 2020    Gelesen: 695
  Warum tust du uns das an, Thomas Müller?

Nüchtern betrachtet kann Bundestrainer Joachim Löw die aktuelle Diskussion um Thomas Müller ganz beruhigt aussitzen. Sein Kader ist klasse besetzt. Dennoch sprechen einige gute Gründe für eine Rückkehr Müllers in die Nationalmannschaft

Irgendwann im frühen Herbst 2019 werden die Beliebtheitswerte von Thomas Müller in Fußball-Deutschland wohl nur noch knapp über Michael-Wendler-Niveau gelegen haben. Nur noch selten konnte und durfte der Bayern-Profi damals auf dem Platz zeigen, was ihn zuvor über viele Jahre ausgezeichnet hatte. Sein Trainer Niko Kovac hatte für Müller ganz offensichtlich keine echte Verwendung mehr. Und wenn er denn dann doch einmal auflief, fiel Müller eher dadurch auf, dass er gerne und ausgiebig auf dem grünen Rasen diskutierte, lamentierte und beim Schiedsrichter mit überzogener Mimik Entscheidungen für sein Team einforderte.

Der lange Jahre so beliebte Sunnyboy und schelmische Lausbub hatte offensichtlich nicht nur seine Lockerheit verloren - mit seinem neuen Bild in der Öffentlichkeit waren ihm auch eine Vielzahl seiner langjährigen Fans und Sympathisanten, abseits des FC Bayern, abhanden gekommen.

Flucht schien unausweichlich

Eine Flucht weg aus München schien in diesen Tagen fast unausweichlich. Thomas Müller brauchte einen Neuanfang. Er musste noch einmal vorrücken auf Los. Doch dann passierte etwas Unerwartetes: Trainer Niko Kovac wurde entlassen und plötzlich öffnete sich für den verdienten Nationalspieler eine Tür, die schon fest verriegelt schien. Was dann geschah, kann man getrost als eines der beeindruckendsten Fußballer-Comebacks der jüngeren Geschichte bezeichnen. Angeknockt und angezählt lag Müller bereits auf dem Boden - doch dann kämpfte er sich schlagartig und mit voller Wucht zurück ins Rampenlicht.

Nach seiner Gala-Vorstellung letzten Freitag beim 8:2 gegen den FC Barcelona ploppte fast schon unausweichlich ein Thema wieder auf, das im Herbst 2019 wahrscheinlich noch nicht einmal Thomas Müller selbst noch auf dem Schirm hatte. Doch nun wird ernsthaft über eine Rückkehr des Weltmeisters des Jahres 2014 in die Nationalmannschaft diskutiert - wie wohl jedermann weiß, dass Bundestrainer Jogi Löw niemals über diesen riesengroßen Schatten wird springen können.

Damit wäre die Diskussion eigentlich beendet. Doch die unglaubliche Dominanz des FC Bayern im Jahr 2020, an der Thomas Müller maßgeblich beteiligt ist, und die Vorstellung, auch in der Nationalmannschaft mit einem eingespielten Bayern-Block auf den Platz gehen zu können, sind zu verführerisch, als dass man sie einfach so zur Seite schieben könnte. Müller selbst hat mit seinen überragenden Leistungen ein Fass aufgemacht, das eigentlich niemand mehr öffnen wollte. Doch nun kommt man an diesem Thema nicht mehr vorbei. Und man fragt sich schmunzelnd: Warum tust du uns das an, Thomas Müller?

Neue Begeisterung, neue Leidenschaft

Die Achse Neuer-Kimmich-Goretzka-Müller und dazu noch Gnabry und Sané - wer würde solch einen Block nicht gerne in seiner Mannschaft wissen? Und neben den rein sportlichen Aspekten fällt noch etwas an der (Ver-)Wandlung des Thomas Müller in den letzten neun Monaten auf: Sein Ehrgeiz scheint komplett neu erweckt. Wirkte der Bayern-Profi in den letzten Jahren gesättigt und ziellos, so sprüht er mittlerweile wieder vor Begeisterung und Leidenschaft.

Vermutlich möchte er es in diesen Tagen vor allem noch einmal all denen zeigen, die ihn schon abgeschrieben und ausgebootet hatten. Doch zusätzlich scheint Thomas Müllers Ehrgeiz durch die jungen Wilden in seinem Team - wie Kimmich, Goretzka und Gnabry - noch einmal neu entfacht worden zu sein. Und genau diesen großen Nachwuchsstars des DFB könnte der erfahrene Müller genauso wie Manuel Neuer, der unbedingt noch den Europameistertitel gewinnen möchte, eine bedeutende Stütze in wichtigen Spielen sein.

Da die Europameisterschaft erst in knapp einem Jahr über die Bühne gehen wird, muss die Diskussion über eine mögliche Rückkehr des Bayern-Profis aber eh nicht übers Knie gebrochen werden. Schließlich weiß Thomas Müller selbst am besten, wie schnelllebig der Fußball sein kann. Dass allerdings aktuell wieder auf solch eine Art und Weise über ihn gesprochen wird, wird den Weltmeister sicherlich freuen. Verdient hat er sich das ganz alleine. Und auch das ist eine Qualität, die noch sehr wertvoll sein könnte - für den FC Bayern, aber selbstverständlich auch für die DFB-Nationalmannschaft.

Quelle: ntv.de


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