Länder streiten über einheitliche Regeln

  24 Auqust 2020    Gelesen: 1823
Länder streiten über einheitliche Regeln

Soll es deutschlandweit einheitliche Regeln zur Größe von Privatfeiern, Höhe von Bußgeldern oder Häufigkeit von Corona-Tests geben? Dazu wollen die Länder in dieser Woche beraten. Doch es herrscht bemerkenswerte Uneinigkeit. Ein Länderchef wagt schon einen konkreten Vorstoß.

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern beraten in dieser Woche über mögliche Reaktionen auf die Zunahme registrierter Corona-Neuinfektionen. Unter anderem soll es um eine mögliche erweiterte Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Masken, einheitliche Bußgelder oder auch eine Begrenzung der Größe von Veranstaltungen gehen. Doch es tun sich zwei Fronten auf. Nicht alle Länderchefs können sich für einheitliche Regelungen erwärmen.

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher gehört zu den Unterstützern für ein abgestimmtes Vorgehen unter den Bundesländern. Tschentscher sagte im "Morgenmagazin", man solle so viel Vereinheitlichung wie möglich bei den Corona-Beschränkungen herstellen. "Einheitlichkeit ist deshalb gut, weil es für Bürgerinnen und Bürger schwierig genug ist, diese verschiedenen Regeln zu verstehen. Einheitlichkeit macht die Sache verständlicher. Dadurch wirken die Maßnahmen besser", erklärte der SPD-Politiker. Man könne lokal manchmal anders vorgehen, aber das Virus verhalte sich in Deutschland überall gleich. Daher plädiere er dafür, die Teilnehmerzahl bei Privatfeiern eher auf 50 "und nicht viel darüber" statt auf 500 Menschen zu begrenzen. Rund ein Drittel der Corona-Infektionen gingen in Hamburg auf Privatfeiern zurück.

"Es sollte nicht ziellos getestet werden."

Auch sollte man bei der Maskenpflicht und bei den Bußgeldern einheitlich vorgehen. Er plädierte zudem für eine verpflichtende Quarantäneregelung für Reiserückkehrer aus Risikogebieten. Ein Corona-Test vor der Rückreise oder unmittelbar danach sei wenig vernünftig, da nicht jede Infektion schon zu dem Zeitpunkt nachweisbar sei. Zielführender seien zunächst eine Quarantäne und dann ein Test nach fünf Tagen.

Ähnlich wie der Virologe der Berliner Charité, Christian Drosten, hält Tschentscher kostenlose Tests für Reiserückkehrer für falsch. "Die Test-Kapazitäten sind begrenzt, deswegen sollte nicht ziellos getestet werden, sondern in den Fällen, in denen es erforderlich, es sinnvoll ist, dringlich ist", sagte Tschentscher mit Verweis auf Fälle, in denen ein besonderes Infektionsrisiko bestehe oder wo es typische Symptome gebe.

Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther mahnte ein gemeinsames Vorgehen der Bundesländer bei den von Bundesgesundheitsminister Spahn vorgeschlagenen engeren Grenzen für private Feierlichkeiten an. "Ich hielte es für klug, wenn die Bundesländer gerade, was die Größenordnungen solcher Feiern angeht, zu einer einheitlichen Linie fänden", sagte der Kieler Regierungschef der "Welt". Zuletzt hatten unter anderem auch Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Manfred Woidke und Bayerns Regierungschef Markus Söder von der CSU ein einheitliches Vorgehen befürwortet.

Alle Maßnahmen "regional abgestimmt sehen"

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hingegen lehnt bundesweit einheitliche Regelungen ab. "Die Situation ist in den Bundesländern sehr verschieden", sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. In Ländern mit hohen Infektionszahlen müsse auch entschieden gehandelt werden. Dort seien auch Maßnahmen nötig, "die wir beispielsweise in Sachsen nicht treffen müssen".

Man müsse das immer "regional abgestimmt sehen und dann auch handeln", betonte Kretschmer. Es habe daher überhaupt keinen Sinn, einheitlich gegen den Erreger vorzugehen. Das Entscheidende sei, jetzt "nicht mit Kanonen auf Spatzen zu schießen" und alles zu verallgemeinern, "sondern wirklich ganz zielgenau handeln, wenn wir feststellen, dass ein großer Teil der Infektionen durch Reiserückkehrer kommen, durch große Veranstaltungen". Dann müsse an diesen Stellen angesetzt werden.

"Aber wir sehen eben genauso, dass das zwischen den Bundesländern sehr unterschiedlich ist und deswegen muss auch dieser Aspekt eine wichtige Rolle spielen, weil wir die Akzeptanz der Bevölkerung brauchen", so Kretschmer. Der CDU-Politiker äußerte sich auch zur diskutierten Absage der Karnevalsveranstaltungen im kommenden Winter. Grundsätzliche Verbote seien hier nicht angebracht, erklärte Kretschmer. Man müsse den Organisatoren die Möglichkeit geben, durchdachte Konzepte zu entwickeln.

Beratungen über Familienfeiern

Auch Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig erteilte Forderungen etwa nach bundesweiten Obergrenzen für Veranstaltungen und private Feierlichkeiten eine Absage. "Ich würde die Entscheidung über die Höhe dieser Grenze lieber bei den Ländern belassen", sagte Schwesig dem Berliner "Tagesspiegel". Die Lage in Mecklenburg-Vorpommern sei eine andere als in Bayern oder Nordrhein-Westfalen.

Am Montagnachmittag wollen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern in einer Telefonkonferenz über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise beraten. Dabei soll es unter anderem um Auflagen für Familienfeiern und andere Veranstaltungen gehen. Am Donnerstag wollen die Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Entwicklung der Corona-Pandemie reden. In den vergangenen Tagen hat die Zahl der Corona-Neuinfizierten im Durchschnitt bei weit über 1000 gelegen.

Quelle: ntv.de, bea/AFP/dpa/DJ


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