7 von 159. Oder auch: mickrige vier Prozent. Nur so wenige Länder "wagen" im Fußball einen Schritt in Richtung Gleichbehandlung und Gleichberechtigung von Frauen und Männer und bezahlen ihre Nationalteams gleich. Alle anderen Nationen zahlen Männern weitaus mehr Geld. Deutschland und sein Fußballverband DFB gehören auch dazu. Vorreiter sind stattdessen: Australien, England, Fiji, Finnland, Neuseeland, Norwegen - jüngst gesellte Brasilien die Runde.
Erst vor wenigen Tagen teilte der brasilianische Fußballverband (CBF) mit, Spielerinnen und Spieler würden fortan bei Spesen und Prämien dieselben Beträge erhalten. Dass dies immer noch eine Nachricht sein muss im Jahr 2020, zeigt, wie groß die Herausforderungen noch sind, den Männersumpf Fußball zu diversifizieren.
Dabei erklärte der Weltverband Fifa am Dienstag, die Förderung des Frauenfußballs weltweit ausweiten zu wollen. Wie der Dachverband am mitteilte, haben alle 211 Mitgliedsverbände die Möglichkeit, weitere Mittel und mehr Fachwissen zur Förderung des Frauenfußballs auf nationaler Ebene zu beantragen und zu nutzen. Zudem kann jeder Verband im Rahmen des COVID-19-Hilfsplans 500.000 Dollar (rund 423.000 Euro) speziell für den Frauenfußball beziehen. Ob dies den Frauenfußball noch stärker in den Gesellschaften verankert und zu Parität in Sachen Bezahlung führt, darf bezweifelt werden, denn solcher Art Schritte gab es schon öfter. Der DFB bestätigte gegenüber ntv.de, er befinde sich hinsichtlich der Fifa-Fördergelder noch "in Prüfung".
"Nur Gleiches gleich behandeln"
In Brasilien erhalten die Weltstars Marta und Neymar nun aber bei Länderspielen und einem Titelgewinn in Sachen Prämien und Spesen die gleiche Wertschätzung. Aber bekommen sie auch das gleiche Geld? Nicht ganz. Zwar sagte CBF-Präsident Rogerio Caboclo: Die Confederação "hat das Preisgeld und die Zulagen zwischen Männer- und Frauenfußball ausgeglichen. Was bedeutet, dass die Spielerinnen das Gleiche verdienen wie die Männer". Aber die CBF betonte, es handele sich um eine "proportionale Anpassung". Also angelehnt an die Gelder, die zum Beispiel von der Fifa bei Turnieren an die Landesverbände ausgeschüttet werden. Damit dürften die Frauen, wenn auch ein wenig "gleichberechtigter", wieder mit weniger Geld in der Tasche nach Hause kommen. Denn die Fifa-Preisgelder lagen bei der Männer-WM 2018 bei etwa 400 Millionen US-Dollar, bei der Frauen-WM 2019 nur bei 30 Millionen.
Von einer Angleichung der Gelder ist der DFB jedoch noch viel weiter entfernt. Bei der WM 2018 hätten die Spieler von Bundestrainer Joachim Löw beim Titelgewinn jeweils 350.000 Euro kassiert, für die Frauen wären bei der WM 2019 im Erfolgsfall 75.000 Euro pro Spielerin ausgezahlt worden. Parität sieht anders aus. "Die Prämien für Turniere ergeben sich aus den jeweiligen Vermarktungserlösen", erklärt der DFB gegenüber ntv.de: "Hier sind die Märkte im Frauen- und Männerfußball extrem unterschiedlich, was sich auch in den Ausschüttungen der Uefa und Fifa darstellt." Sieben Länder schaffen es allerdings, trotz dieser unterschiedlichen Zahlungen für gleichen Aufwand gleiche Prämien und Spesen und damit gleiche Wertschätzung bereitzustellen. Der DFB, obwohl ein eingetragener, nicht-wirtschaftlicher Verein, gehört nicht dazu.
Als das Thema 2019 mehrfach diskutiert wurde, weil Megan Rapinoe und die US-Weltmeisterinnen für gleiche Bezahlung vors Gericht gezogen waren (bisher erfolglos), antwortete der DFB in Form des damaligen Interimspräsidenten Rainer Koch: "Man kann nur Gleiches gleich behandeln." Frauen schienen demzufolge für den mittlerweile deutschen Vertreter des des Uefa-Exekutivkommitees Männern nicht gleichwertig und ihre Erfolgszahlungen dürften aufgrund unterschiedlicher Erlöse also geringer ausfallen.
"Haben Anspruch, hier zu optimieren"
Nun, der DFB will sich wandeln und mit der Zeit gehen und sagt heute gegenüber ntv.de immerhin: "Wir setzen uns mit der Frage der Prämienzahlung kritisch auseinander und haben auch den Anspruch, hier zu optimieren." Ein klarer Plan mit Ziel sieht anders aus. Die Prämienzahlungen des Frauen-Nationalteams, so der Verband weiter, seien in den vergangenen Jahren - stets im engen Austausch mit dem Mannschaftsrat - nach oben angepasst worden. Ein wenig mehr Wertschätzung anstatt gleiche Wertschätzung also.
Insgesamt sträubt sich der DFB auch immer noch gegen Frauen in Führungspositionen. Eine Präsidentin, zum Beispiel statt der Hinterzimmer-Wahl Fritz Kellers 2019, hätte neue Sicht- und Arbeitsweisen in die Zentrale in Frankfurt gebracht. Und sie wäre mit Sicherheit das Thema Gleichberechtigung vielleicht konsequenter angegangen, damit nicht nur Profis in den Nationalteams, sondern auch Fußballerinnen und Fußballer im Kinder- und Jugendalter gleichen Voraussetzungen begegnen können.
Keller betonte bei seiner zwar Vorstellung, den Mädchen- und Frauenfußball konsequent fördern und auch Frauen in die DFB-Gremien holen zu wollen. Aber passiert ist seitdem wenig beim DFB. Schon 2016 brachte der Verband ein Leadership-Programm auf den Weg, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Auch Ex-Boss Reinhard Grindel hatte diesen Schritt angekündigt. Im aktuellen DFB-Präsidium sitzen trotzdem 18 Männer und nur eine Frau. Und so müssen auch die Nationalspielerinnen auf gleiche Behandlung und dieselben Prämien wie die der Männernationalmannschaft wohl weiter erfolglos warten.
Warum nimmt der DFB keine Vorreiterrolle ein?
Weitaus besser macht es England seit Januar. Die FA verkündete, sie "bezahlt ihren Spielerinnen genauso viel wie ihren männlichen Kollegen für die Repräsentation Englands, sowohl bei der Vergütung als auch in Bezug auf Spielboni". Aber der DFB steht weiter in einer Riege mit den Verbänden aus den restlichen 151 Ländern. Wie aus Syrien, Afghanistan oder dem Tschad etwa, die allesamt Frauen-Nationalteams haben, aber die Männer besser bezahlen. Es sind Verbände von Ländern, die die letzten Plätze von weltweiten Frauenrechtsindizes belegen.
Warum der DFB hier keine Vorreiterrolle einnimmt, obwohl die Gelder des größten nationalen Sport-Fachverbands der Welt ausreichen, und ungleiche, geschlechtsbasierende Prämien mit seiner Gemeinnützigkeit vereinbart, bleibt unbeantwortet. Fußballspielerinnen würden bei einer solchen Angleichung immer noch weitaus weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen in den Ligen. Aber es wäre wenigstens ein Symbol der Wertschätzung, das der DFB aussenden würde.
Für die Männer sind die DFB-Prämien ja ohnehin Peanuts im Vergleich zu den Millionen, die sie in ihren Vereinen verdienen. Für die Frauen nicht. Der Global Sports Salaries Survey fand heraus, dass die 1700 Fußballspielerinnen aus den sieben Top-Ligen USA, Deutschland, Frankreich, England, Schweden, Australien und Mexiko im Jahre 2017 zusammen rund 36,91 Millionen Euro verdienten - und damit etwa 100.000 Euro weniger als der brasilianische Megastar Neymar alleine. An dieser Stelle ist Australien der ultimative Vorreiter und führte einen Tarifvertrag für die Spielerinnen der Profiliga ein, mit dem sie das gleiche Grundgehalt kassieren wie die Männer.
Quelle: ntv.de
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