Gestatten: Vettel, Sebastian Vettel. Der deutsche Formel-1-Pilot wird ab 2021 der Fahrer des neuen englischen Aston-Martin-Teams: Der viermalige Weltmeister steuert damit ab der kommenden Saison das James-Bond-Auto der Königsklasse des Motorsports, denn der Geheimagent auf der Leinwand raste in elf Filmen in 50 Jahren Filmgeschichte mit einem Aston Martin in etlichen Verfolgungsjagden. Ähnlich wie 007 wird auch Vettel im neuen Wagen der Verfolger der übermächtig scheinenden Mercedes' sein. Und ähnlich wie der Spion wird er sich beweisen müssen - um der Welt nach der Katastrophen-Saison zu zeigen, dass er seinen Killerinstinkt noch besitzt und nicht er, sondern der Ferrari so unglaublich langsam war.
Einen Bösewicht gibt es in jedem Bond-Film. In Vettels Fall ist das Teamchef Mattia Binotto, der mit Ferrari die Welt übernehmen wollte, aber dem Deutschen ein Katastrophen-Auto hinstellte und immer noch keine Krise erkannte. Vettel lahmte von einem Desaster-GP zum nächsten, immer wieder duellierten sich die beiden Protagonisten verbal. Dann schmiss Binotto den F1-Piloten überraschend raus zum Ende der Saison. Ein Affront. Aber als Bond-Vettel trifft ihn der Fahrer nun an der Achillesferse: Ausgerechnet vor dem 1000. Ferrari-Rennen - im Heiligtum Mugello, wo schon Michael Schumacher den Grundstein für seine Titel mit Tausenden Trainingskilometern legte - verkündet der vierfache Weltmeister seinen Wechsel. Die Aufmerksamkeit gehört damit am Wochenende Vettel und nicht Ferrari.
Es ist ein Power-Move Vettels: Seht her, ihr bei Ferrari, ich pfeife auf euer Jubiläum und habe im nächsten Jahr wieder ein verlässliches Auto und damit bessere Karten als ihr! Kümmert ihr euch ruhig alleine um die Aufarbeitung dieses Seuchenjahres! Ich brauche eure Intrigen nicht und bin dann mal weg! Allerdings: Genau das muss Vettel nun beweisen. Es war der Ferrari, der für die Seuche in den vergangenen zweieinhalb Jahren verantwortlich war. Es waren der Ferrari und das Umfeld, die von Anfang an jede Chance auf einen Titel zunichtegemacht haben. Fährt der Deutsche in der nächsten Saison mit Mercedes-Technik wieder an die Spitze um Lewis Hamilton heran, kann er im Aston Martin seinem Gegenspieler Binotto nachträglich eins auswischen.
Vettel genießt Vertrauen und Bond-Stil
Doch der Wechsel bringt auch Gefahren mit sich. Fährt Vettel auch im Aston Martin hinterher, könnte seine Karriere einen noch viel größeren Kratzer abbekommen, als es diese letzte Ferrari-Saison geschafft hat. Und Wunderdinge darf der 33-Jährige von dem neuen Rennstall nicht erwarten, wenngleich die Racing-Point-Strukturen wohl erstmal erhalten bleiben. Vettel braucht ein spezielles und schnelles Auto, um das besten aus seinem Talent herauszuholen. Zwar hat Racing Point den besseren Boliden als Ferrari, aber ob Aston Martin ihn in der nächsten Saison perfekt auf Vettels Bedürfnisse zuschneiden kann, ist nicht gesichert. Fährt Vettel als wieder hinterher, wüsste die Welt: der alte Vettel, der Weltmeister-Vettel, ist tatsächlich Geschichte.
Auch das Team und der Fahrer müssen sich erstmal einspielen. Aber es wird simpler zugehen für Vettel als bei Ferrari, vielleicht fühlt er sich an seine alten Red-Bull-Tage erinnert. Und der ambitionierte, wohlhabende Rennstall-Besitzer Lawrence Stroll, der sich den Deutschen gezielt ausgesucht und dafür sogar den sehr guten Fahrer Sergio Perez entlassen hat, könnte ein wichtiger Baustein werden. Denn Vettel ist ein Pilot, der mit einem Arm um die Schulter aufblüht und Probleme hat, wenn die Dinge gegen ihn laufen. Es allen bei Ferrari zu zeigen, wird eine zusätzliche Motivation sein.
Ob Titelaspirant oder nicht: Vettel kann nach der Katastrophen-Saison jetzt eine neue, coole Geschichte erzählen. Denn Aston Martin ist zurück nach 60 Jahren F1-Abstinenz. Und wer hat schon mehr Stil im Motorsport als der Fahrer des James-Bond-Autos? Der Autohersteller verbreitete auf Twitter bereits Bilder eines ihrer Sportwagen in Bond-Manier mit Vettels Namen auf dem Nummernschild. Passend dazu ließ sich der Deutsche für Aston Martin schon mal in dem schwarzen Pullover ablichten, den schon die Bond-Darsteller Sean Connery in Goldfinger und Daniel Craig in Skyfall trugen. Nur so viele Aston Martins zerstören wie 007 darf Vettel nicht - aber so leicht wie der SF1000 zerfällt sein neues Auto sicher nicht.
Quelle: ntv.de
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