VW ID.3 - jetzt geht's wirklich los

  11 September 2020    Gelesen: 550
  VW ID.3 - jetzt geht

Der ID.3 ist da. Tatsächlich gehen mit dem heutigen Tag die ersten Exemplare an die sogenannten "First Mover" an die Käufer. Im Oktober sollen dann auch sukzessive alle anderen Bestellungen abgearbeitet werden. Doch auf dem ID .3 lastet ein hoher Erwartungsdruck. Kann er den erfüllen?

Im Juni haben die Wolfsburger angekündigt den ID.3 Anfang September an die ersten Kunden auszuliefern. Noch handelt es sich um die sogenannten "First Mover", die mit der limitierten First Edition durchs Land stromern dürfen, aber der erste greifbare Schritt, der von VW "großangelegte Elektro-Offensive der Marke", wie es VW-Chef Ralf Brandstätter nennt, ist gemacht.

Insgesamt sind es immerhin 37.000 Schnellentschlossene, die mit einem ID.3 bedient werden. Zum Teil haben sie sich schon im letzten Jahr für die sogenannte "First Edition", die es ab 38.990 Euro mit 58-kWh-Batterie und 420 km Reichweite gibt, entschieden. Doch auch die Normalkunden sollen ab Oktober bedient werden. In der Ausstattung "Pro Performance" kostet der Stromer dann mit gleichem Akku rund 35.600 Euro. Im Laufe des Jahres wird VW das Basismodell mit der kleineren 45-kWh-Batterie (Reichweite 330 km) nachlegen. Dann sinkt der Einstandspreis auf knapp unter 30.000 Euro. Ein Jahr kostenlosen Strom oder bis zu einem Maximalwert von 600 Euro, gibt zu Beginn noch obendrauf.

Umweltprämie könnte Zweifler überzeugen

Ja und dann könnte es für so manchen bisherigen E-Auto-Zweifler vielleicht doch interessant werden. Denn nach Abzug der von Staat und Herstellern gewährten sogenannten Umweltprämie von 9480 Euro (brutto), liegt der ID.3 nicht nur bei den Abmessungen mit dem Golf gleichauf, sondern mehr oder weniger auch beim Preis. Wobei die geringeren Unterhaltskosten - Steuer, Versicherung, Wartung - hier noch gar nicht eingerechnet sind.

Allerdings kann der Golf 8 beim Größenvergleich nur äußerlich mithalten, denn im Innenraum bietet der ID.3 deutlich mehr Platz. So erinnert das Raumangebot im Fond eher an einen Passat, als an den Kompakten. Das liegt zum einen an den 13 Zentimetern mehr Radstand und zum anderen am geringeren Bauraum, den ein E-Motor im Vergleich zu einem Verbrenner mit dessen Nebenaggregaten in Anspruch nimmt. Beim Gepäckraum fällt der Vorsprung dann hingegen wieder geringer aus, hier liegt das Elektroauto mit 385 zu 380 Litern nur ganz leicht vorne.

Ein weiterer Unterschied zum Golf 8 ist die futuristisch-reduzierte Inneneinrichtung im ID.3 und ein neues, nach Ansicht von VW mindestens ebenso zukunftsweisendes Bediensystem. Dem Betrachter fällt hier zunächst der große Touchscreen in der Mitte und das kleine Display hinter dem Lenkrad ins Auge. Das erinnert ein wenig an den i3 von BMW. Auch der rechts aus dem kleinen Bildschirm ragende Hebel für die Gangarten des Stromers ist ähnlich der des Bayern. Als originell und weniger nervig als erwartet entpuppt sich die große Lichtleiste unter der Frontscheibe. Sie kommuniziert mit dem Fahrer und seinen Passagieren über Farben, etwa blau für Navi-Hinweise, grün bei eingehenden Anrufen oder rot für Warnungen.

Der Kostendruck ist hoch

Einzig wenn das Auge nicht mehr von den vielen Lichtern gefesselt ist und gemeinsam mit den Händen über Armatur, Türinnenverkleidungen und Sitze streicht, enttäuscht die Materialqualität ein wenig. Vor allem da, wo man es nicht für nötig hielt, also in den unteren, weniger sichtbaren Teilen und teils auch im Fond erschrecken recht öde Hartplastikflächen. Aber man kann halt auch in Wolfsburg, beziehungsweise in Zwickau, wo der ID.3 gebaut wird, nicht zaubern. Und der Kostendruck ist in der Industrie insgesamt und bei Volkswagen speziell enorm hoch.

Doch noch wichtiger als der Lauf der Finger über die Materialien im Innenraum ist die Fahrt mit dem ID.3. Das großzügige Platzangebot, die höheren Sitzposition und die bei geringeren und mittleren Geschwindigkeiten wunderbare Ruhe im Innenraum sorgen für eine entspannte Fortbewegung. Die kann an der Ampel mal richtig schnell vonstattengehen, ist dann aber zugunsten der Akkulaufzeit in der Spitze auf 160 km/h begrenzt. Was richtig positiv auffällt, ist der Fahrkomfort des je nach Batteriegröße 1,7 bis 1,9 Tonnen schweren Stromers. Einzig bei Querfugen wird es im ID .3 ein wenig stuckrig.

Was der ID.3 überraschender Weise nicht bietet ist das One-Pedal-Fahren, wie es ein Nissan Leaf und Elektroautos schon lange haben. Hierbei kann man mit etwas Voraussicht nur über die Energierückführung, die immer dann einsetzt, wenn der Fuß vom "Gaspedal" genommen wird, die Reichweite verlängern. Diese Art zu fahren lernt man schnell und sie führt der Batterie mehr Energie zu, als es bei einem E-Auto nur durch reines Bremsen möglich ist.

Für jeden Fahrertypen was dabei

Davon abgesehen: Wer sich so bewegt wie viele deutschen Autofahrer und an einem normalen Tag kaum mehr als 65 Kilometer abspult, der ist mit einem E-Auto grundsätzlich und mit dem sehr erwachsenen, agilen und handlichen ID.3 gut bedient. Das sollte tunlichst auch so sein, denn das Fahrzeug muss ja nicht nur selbst ein Erfolg werden, es ist auch die Speerspitze einer Flotte von über 30 E-Modellen der vier Hauptmarken (VW, Audi, Skoda, Seat), die alle auf dem Modularen E-Baukasten (MEB) aufbauen. Und von denen sollen bis Ende der Dekade über 20 Millionen Exemplare an den Fahrer und auf die Straße gebracht werden.

Den ID.3 wird es mit drei verschiedenen Batterien und damit auch drei unterschiedlichen Reichweiten geben. Wer bei der Kilometerleistung zu den Normalfahrern gehört, ist mit der kleinsten Variante (45 kWh-Batterie, 330 Kilometer) gut bedient, vor allem, wenn er Zuhause problemlos nachladen kann. Es lohnt sich dann nämlich kaum, viel Geld in größere Akkus zu investieren, auch wenn sich 420 oder gar 550 Kilometer Reichweite besser anhören und dem Fahrer ein gutes Gefühl geben.

Aber vielleicht will man das Geld ja lieber in die Ausstattung stecken. VW macht es den Käufern da recht leicht. Für den ID.3 gibt es insgesamt sieben Ausstattungsniveaus - von der Basis "Pro Performance" über "Life", "Style", "Business", "Familiy", "Tech" bis "Max", die Preise spreizen sich zunächst von rund 35.600 bis 45.900 Euro (mit mittlerer 58 kWh-Batterie). Bei jeder Version lassen sich dafür nur relativ wenige Optionen dazubuchen.

Vorbei also die Zeiten ellenlanger und vor allem unübersichtlicher Aufpreislisten. Und auch die Software-Probleme sollten jetzt zum größten Teil behoben sein, die fehlenden Funktionen (etwa beim Head-up-Display) werden per Update nachgeliefert. Allerdings nicht automatisch, die frühen Käufer müssen dafür - und das ist ärgerlich - in Werkstatt. Das erinnert an Zeiten, die längst der Vergangenheit angehörten und hoffentlich bei den Folgemodell ID .4 ausbleiben.

Quelle: ntv.de, hpr/sp-x


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