Übergangsregierung im Osten Libyens reicht inmitten anhaltender Proteste Rücktritt ein

  14 September 2020    Gelesen: 510
Übergangsregierung im Osten Libyens reicht inmitten anhaltender Proteste Rücktritt ein

Die international nicht anerkannte und mit der Nationalen Einheitsregierung von Fajis al-Sarradsch in Tripolis konkurrierende Übergangsregierung im Osten Libyens hat nach tagelangen Straßenprotesten einen Rücktrittsantrag beim Repräsentantenhaus eingereicht. Dies geht aus einer Erklärung des Parlaments hervor.

Demnach traf sich der Parlamentsvorsitzende Aguila Saleh am Sonntag mit dem Chef der Übergangsregierung von Libyen, Abdullah al-Thani, und anderen ranghohen Beamten, die die Streitkräfte von Marschall Chalifa Haftar von der Libyschen Nationalen Armee (LNA) im Osten des Landes unterstützen.

Die Teilnehmer des Treffens sollen sich darüber ausgetauscht haben, wie den Forderungen der Demonstranten nach besseren Lebensbedingungen in den kontrollierten Gebieten nachgekommen werden könnte.

Die vom einflussreichen General Chalifa Haftar unterstützte Übergangsregierung reagierte damit am Sonntag auf die Demonstrationen aufgebrachter Libyer gegen Missstände im Land.

Wie ein Regierungssprecher der dpa in Bengasi mitteilte, habe Saleh die Regierung aufgefordert, bis zur Entscheidung des Parlaments über den Rücktritt weiterhin als Verwalter zu fungieren, sagte der Sprecher weiter.

Proteste in Libyen
In den vergangenen Tagen war es in der Region zu Protesten im Zusammenhang mit den verschlechterten Lebensbedingungen und Stromausfällen gekommen.

Am Donnerstag waren in der östlichen Stadt Bengasi, der Hochburg Haftars, seltene Proteste ausgebrochen. Aufgebrachte Menschen forderten bessere Lebensbedingungen und prangerten Korruption in den staatlichen Institutionen an. In den vergangenen Monaten hatten die Libyer zunehmend unter häufigen Stromausfällen und schwindenden Wasservorräten zu leiden.

Am Samstagabend setzten wütende Demonstranten den Hauptsitz der Regierung in Bengasi in Brand. Durch Schüsse auf Demonstranten bei Protesten in der etwa 90 Kilometer von Bengasi entfernten Stadt Al-Mardsch seien am Sonntag zudem mindestens fünf Menschen verletzt worden, berichtete die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf Augenzeugen.

Auch in der Hauptstadt Tripolis hissten am Sonntag Hunderte Demonstranten vor dem Hauptquartier des Präsidialrats Plakate, auf denen sie die Abhaltung lange aufgeschobener Wahlen forderten und mangelnde Grundversorgungsleistungen scharf kritisierten.

Doppelherrschaft in Libyen
Seit dem Sturz und der Ermordung des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi vor neun Jahren steckt Libyen im Kriegschaos und wird von einer Doppelherrschaft geführt. Im Lande hält die Konfrontation zwischen der Nationalen Einheitsregierung von Fajis al-Sarradsch, die Tripolis und Gebiete im Westen des Landes kontrolliert, und der libyschen Nationalarmee unter dem Kommando von Chalifa Haftar, die seit über einem Jahr versucht, die Hauptstadt zurückzuerobern, an. Beide Konfliktparteien werfen einander vor, mit Waffen und Personal von außen unterstützt zu werden.

Die Nationale Einheitsregierung wird von Katar und der Türkei unterstützt. Die Behörden des Ostteils des Landes agieren unabhängig von Tripolis und kooperieren mit der Libyschen Nationalarmee, die von Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten politisch unterstützt wird.

sputniknews


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