Wie gefährlich ist Crystal Meth?

  03 März 2016    Gelesen: 1510
Wie gefährlich ist Crystal Meth?
Der Grünen-Politiker Volker Beck soll unbestätigten Berichten zufolge mit Crystal Meth erwischt worden sein. Wie gefährlich ist die Droge? Und vor allem: Wie verbreitet?
Die Droge – Crystal Meth oder kurz Crystal ist eine synthetische Droge aus der Gruppe der Methamphetamine. Diese sind eine Substanzklasse der Amphetamine, zu der auch Speed und Ecstasy gehören. Süchtige schnupfen, ziehen, rauchen oder spritzen die Substanz, die häufig in Form von groben Kristallen oder Pulver verkauft wird. Eine niedrige Dosis liegt bei 5–10 Milligramm, eine mittlere enthält bis zu 40 Milligramm. Gewöhnte User dosieren oft deutlich höher.

Die Herstellung – Crystal Meth entsteht aus Verbindungen wie Ephedrin, diese sind beispielsweise in Hustensäften und Schnupfenmitteln enthalten. Die Zutaten für die Droge gibt es also in jeder Apotheke; das macht die Herstellung vergleichsweise billig. Ephedrine etwa werden oft mit Jodwasserstoff reduziert, daraus entsteht Crystal Meth. Je nachdem, in welchem Verhältnis die Stoffe miteinander vermischt werden, verändert sich die Wirkung.

Die Wirkung – "Methamphetamin führt zu einer starken Dopamin-Ausschüttung im Gehirn, die kaum eine andere Droge erreicht", sagte Rafael Riera, Chefarzt der Bezirksklinik Hochstadt im Norden Bayerns, in einem früheren Gespräch mit ZEIT ONLINE. Die Klinik ist auf Methamphetamin-Süchtige spezialisiert. Dopamin ist ein biochemischer Botenstoff, der Erregung von Zelle zu Zelle überträgt. Süchtige vergleichen den Rausch daher mit einem Glücksstrudel. Manche Konsumenten bleiben tagelang wach, verspüren keinen Appetit und sind euphorisch. Alles scheint zu gelingen. Zudem kann die Droge die sexuelle Lust steigern. Lässt die Wirkung nach, werden die Süchtigen antriebslos und lethargisch.

Die Geschichte – Entgegen vieler Behauptungen ist Crystal Meth kein neues Phänomen. Die Droge existiert unter anderem Namen schon seit mehr als 100 Jahren. Ein japanischer Chemiker stellte Methamphetamin erstmals 1893 her, 1921 wurde sie patentiert. Unter dem Namen Pervitin kam Methamphetamin in den 1930er Jahren schließlich auf den Markt. Während der Blitzkriege gegen Polen und Frankreich schluckten die deutschen Soldaten die Pillen, weshalb sie auch den Spitznamen Panzerschokolade tragen. Die Droge machte zwar schnell abhängig, doch sie unterdrückte das Angstgefühl und machte die Soldaten skrupelloser und leistungsfähiger. Nach dem Krieg wurde die Droge vor allem im Sport als Dopingmittel eingesetzt. Doch sogar als Fertigarzneimittel blieb Pervitin bis 1988 im Handel.

Die Konsumenten – Heute wird Crystal quer durch die Gesellschaft konsumiert – Handwerker, Mütter und Manager nehmen es. Es ist keine Unterschichten-Droge, wie oftmals behauptet wird.

Im Jahr 2014 war die erste öffentlich geförderte Studie zum Konsum von Crystal Meth in Deutschland erschienen. Die Forscher des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) in Hamburg hatte dafür rund 400 Konsumenten zu ihrem Konsumverhalten befragt (Schäfer et al., 2014). Die Studie ist qualitativ angelegt, die Zahlen sind daher nicht repräsentativ. Dennoch sind die Erkenntnisse interessant. Sie zeigen, dass sich die Motive der Nutzer gleichen: Alle streben nach Leistung und Spaß. Unter den Befragten identifizierten die Forscher unterschiedliche Milieus. Jugendliche ziehen die Droge abends auf Partys. Handwerker konsumieren sie, um länger durchzuhalten. Junge Mütter nehmen Crystal, um nach der Schwangerschaft schneller abzunehmen.

Märkte in Deutschland – Die Droge wird vor allem in Drogenküchen in Tschechien produziert. Hierzulande ist die Droge deshalb besonders im Grenzgebiet – in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen – verbreitet.

Die bundesweite Verbreitung von Crystal Meth lässt sich nur schwer einschätzen. Wie viel Crystal das Bundeskriminalamt jährlich beschlagnahmt hat, ist einer der wenigen Hinweise auf das Ausmaß von Handel und Konsum. In den vergangenen Jahren waren das zwischen rund 20 und knapp 80 Kilogramm pro Jahr.

Die Folgen – Gefährlich ist vor allem die psychische Abhängigkeit: Crystal kann zu Hirnschäden, Angstzuständen und Psychosen führen. Erst mit zunehmendem Konsum zeigen sich die körperlichen Folgen der Abhängigkeit. Crystal lagert sich zum Beispiel in den Hautschichten ab, viele Süchtige drücken stundenlang an den Unreinheiten herum. Andere zerkratzen sich im Rausch das Gesicht.

Bekannt sind die schockierenden Bilder von Crystal-Konsumenten aus den USA: verfaulte Zähne, zerfurchte Gesichter. Faces of Meth heißt die Kampagne, mit der die US-Regierung vor der Droge warnt. Doch die Bilder täuschen. Die körperlichen Folgen werden erst nach jahrelangem Konsum wirklich sichtbar.

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