Kurz bevor Volodymyr Kvashuk zu neun Jahren Gefängnis verurteilt wurde, hatte er noch einmal eine abenteuerliche Entschuldigung parat. Er habe nie die Absicht gehabt, Microsoft zu betrügen, sagte der ehemalige Softwareentwickler, er arbeite vielmehr an einem "besonderen Projekt zum Nutzen des Unternehmens". Tatsächlich nützte das "Projekt" wohl in erster Linie Volodymyr Kvashuks selbst – und verschaffte ihm unter anderem eine Villa am See im Wert von 1,6 Millionen Dollar und ein 160.000 Dollar teures Elektroauto von Tesla.
Über zehn Millionen Dollar hatte der Angestellte über die Jahre abgezweigt, von 2016 bis 2018 war er für Microsoft tätig. Dort hatte der ukrainische Staatsbürger Zugang zu Microsofts Onlineverkaufsplattform, wo unter anderem Geschenkkarten verkauft werden. Die zweigte Kvashuk ab und verkaufte sie auf eigene Faust weiter. All das geht aus einer aktuellen Mitteilung des US-Justizministeriums hervor.
Betrug über einen Bitcoin-Mixer
Die Einkünfte aus sieben Monaten "harter Arbeit" filterte der 26-Jährige laut Staatsanwaltschaft durch einen sogenannten Bitcoin-Mixer, um ihre Herkunft zu verschleiern. Bitcoin-Mixer splittern eingezahlte Bitcoins in Kleinstbeträge auf und überweisen sie gegen eine geringe Gebühr wieder an den ursprünglichen Besitzer zurück. Durch die Aufspaltung und eine teilweise zeitverzögerte Auszahlung werden die nachvollziehbaren Einzahlungen anonymisiert. Für Außenstehende verliert sich die Spur.
Um die Herkunft der ersten 2,8 Millionen Dollar in Bitcoin zu erklären, die plötzlich auf seinen Bank- und Investmentkonten landeten, reichte Kvashuk laut der Staatsanwaltschaft gefälschte Steuerformulare ein und deklarierte die Bitcoins als ein Geschenk eines Verwandten. Schlussendlich waren es Ermittler von Microsoft, die dem Ukrainer auf die Schliche kamen. Er hatte für seinen Betrug unter anderem E-Mail-Konten von anderen Mitarbeitern benutzt, um die Tat Kollegen in die Schuhe zu schieben, so die Ermittler.
Steuerbehörde fahndet nach Krypto-Betrügern
"Von seinem Arbeitgeber zu stehlen, ist schlimm genug", sagte Staatsanwalt Brian Moran bei der Urteilsverkündung, "aber zu stehlen und den Anschein zu erwecken, dass Kollegen schuld sind, vergrößert den Schaden über Dollar und Cent hinaus." Die zuständigen Ermittler wollen das Urteil als Zeichen dafür verstanden wissen, dass auch Bitcoin "kein kriminelles Verhalten verbergen können".
Kvashuk wurde unter anderem für Überweisungsbetrug, Geldwäsche, Identitätsdiebstahl und die Abgabe falscher Steuererklärungen zu insgesamt neun Jahren Haft verurteilt. Rund 8,3 Millionen Dollar muss er als Wiedergutmachung bezahlen, danach droht ihm die Abschiebung. Das Urteil erging bereits im Februar dieses Jahres, das genaue Strafausmaß gab das Gericht erst am 9. November bekannt.
Seit 2019 legt die amerikanische Steuerbehörde IRS einen stärkeren Fokus auf die Deklarierung von Kryptowährungen. Wer mit Bitcoins oder anderen dezentral organisierten Währungen auch nur ganz normal handelt, muss in seiner Steuererklärung ein eigenes Kästchen ankreuzen und mit einer genaueren Überprüfung durch die Behörden rechnen.
spiegel
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