Abgasaffäre: VW will Anlegerklagen per Sammelverfahren klären

  08 März 2016    Gelesen: 636
Abgasaffäre: VW will Anlegerklagen per Sammelverfahren klären
VW-Anleger sehen sich in der Abgasaffäre um viel Geld gebracht - und wollen das von Volkswagen ersetzt bekommen. Der Konzern strebt nun ein Musterverfahren an. Für die Kläger könnte das von Vorteil sein.
Ende September informierte Volkswagen die Öffentlichkeit in einer Pflichtmeldung über das Ausmaß der Abgasaffäre. Zu spät, finden diverse Anleger des Konzerns und reichten Klage ein. Sie sehen sich wegen der Kursverluste um ihr Geld gebracht und wollen dafür entschädigt werden. VW will diese Klagen nun offenbar möglichst schnell aus der Welt schaffen: Das Unternehmen strebt ein Sammelverfahren an.

Vor dem Oberlandesgericht Braunschweig hat VW einen Antrag auf ein sogenanntes Musterverfahren gestellt. Das geht aus einer Erwiderung des Autobauers auf Anlegerklagen hervor, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. "Die Chancen auf einen Prozesserfolg klagender geschädigter VW-Aktionäre haben sich damit deutlich erhöht", sagte der Tübinger Anlegeranwalt Andreas Tilp, der einige Aktionäre vertritt.
Mitte April will VW öffentlich über den Stand der internen Ermittlungen berichten. Für die Klageerwiderung hat das Unternehmen die bisherigen Ergebnisse nun bereits auf 120 Seiten zusammengetragen. Demnach sieht das Unternehmen keine Ansatzpunkte für Anlegerklagen - die Behauptung, den Vorstand könne eine Mitschuld treffen, sei falsch. Der Konzern will beweisen, dass der gesamte Vorstand erst wenige Wochen vor dem öffentlichen Auffliegen der Affäre von den Software-Manipulationen wusste. Weltweit sind elf Millionen Autos betroffen.

Komplizierte und langwierige Klärung

"Die Entscheidung, die Motorsteuerungssoftware zu verändern, wurde vielmehr von VW-Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen des Bereichs Aggregate-Entwicklung von Volkswagen getroffen", heißt es in der Klageerwiderung weiter.

Nach VW-Darstellung war der Erkenntnisgewinn bis zur Gewissheit über die ganze Dimension kompliziert und langwierig. So hätten externe juristische Berater noch Anfang August 2015 keine Gewissheit über die Zulässigkeit der fraglichen Motor-Software gegeben. Demnach bewegte sich die juristische Einschätzung zu der Frage, ob die US-Behörden die Software als illegale Abschalteinrichtung (defeat device) sehen dürften oder nicht, in einer Grauzone, bei der die vorangegangene Rechtsanwendung "höchst subjektiv" und "inkonsistent" sei.

Eigene Techniker sollen Aufklärung erschwert haben

Erst ab Mai 2015 hätten sich auch auf der Führungsebene des Konzerns die Hinweise darauf verdichtet, "dass es zum Einsatz einer gegen US-Recht verstoßenden Software gekommen sein könnte". Daraufhin habe man den Druck "insbesondere durch Rückfragen bei Technikern der infrage kommenden Abteilungen intensiviert", schreibt VW.

"Diese internen Aufklärungsbemühungen, die durch das "Mauern" einzelner Techniker erschwert wurden, führten schließlich zu der Offenlegung der Softwareveränderung" gegenüber den beteiligten US-Behörden am 3. September des vergangenen Jahres. Auch danach habe es noch bis Ende des Monats gedauert, bis Gewissheit über die Dimension da war.
Einen zentralen Auslöser für die Manipulationen sieht der Konzern im Zeit- und Kostendruck, der in der Motorenentwicklung geherrscht habe. Demnach wählten Volkswagen-Techniker den Ausweg über die illegale Software, da sie bei den Arbeiten für den Skandalmotor EA189 anders als früher nicht mehr auf legalen Wegen ans Ziel zu kommen glaubten.

Das Ganze erfolgte demnach laut bisherigem Kenntnisstand bereits im November 2006 und sei auch deshalb so lange unentdeckt geblieben, da die Manipulation günstig umzusetzen gewesen sei. "Diese Programmierung konnte insbesondere ohne Kostengenehmigung durch übergeordnete Stellen erfolgen, so dass es nicht verwundert, dass der Volkswagen-Vorstand erst Jahre später von der Softwareveränderung erfuhr", schreibt VW.

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