Krankenkassen machen Milliardendefizit

  08 März 2016    Gelesen: 693
Krankenkassen machen Milliardendefizit
Die gesetzlichen Krankenkassen erwirtschaften 2015 ein dickes Minus - nach vorläufigen Zahlen rund 1,14 Milliarden Euro. Ursache sind offenbar die herabgesetzten Zusatzbeiträge - Experten kritisieren zudem den Finanzausgleich zwischen den Kassen.
Die gesetzlichen Krankenkassen haben das vergangene Jahr mit einem Defizit von 1,14 Milliarden Euro abgeschlossen, wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilte. Minister Hermann Gröhe sprach dennoch von einer guten Finanzlage der Kassen und verwies auf Reserven der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von rund 24,5 Milliarden Euro.

Ein Sprecher des GKV-Spitzenverbands warnte jedoch, steigende Ausgaben bei Medikamenten, Krankenhausbehandlungen und Arzthonoraren blieben für die Kassen eine große Herausforderung. Den Einnahmen von rund 212,42 Milliarden Euro standen im vergangenen Jahr Ausgaben von 213,56 Milliarden Euro gegenüber. Im Jahr 2014 hatte das Defizit rund 1,1 Milliarden Euro betragen. Eine Sprecherin des Ersatzkassenverbandes verwies darauf, dass die von Gröhe angeführten Reserven jedoch unterschiedlich zwischen den rund 120 Kassen verteilt seien. Zudem seien sie dazu verpflichtet, Rücklagen zu bilden.

Wird "Entlastungseffekt" sichtbar?

Zehn Milliarden Euro schlummern zudem im Gesundheitsfonds, auf den die Kassen keinen Zugriff haben, sondern nach bestimmten Kriterien ihren Anteil aus den Beiträgen und Bundeszuschüssen zugeteilt bekommen. Das Minus ist nach Gröhes Worten vor allem darauf zurückzuführen, dass die Kassen die Zusatzbeiträge gedrosselt hätten. Dieser "Entlastungseffekt" schlage in der Bilanz mit rund 900 Millionen Euro zu Buche.

Kassenexperten sagen aufgrund des medizinischen Fortschritts, der älter werdenden Gesellschaft und einer Reihe von Reformen Steigerungen bei den Zusatzbeiträgen um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte pro Jahr bis 2020 voraus. Schon zu Beginn dieses Jahres erhöhte sich der Zusatzbeitrag im Schnitt von 0,9 auf 1,1 Prozent. Nach Angaben des Ministeriums vom Januar waren davon rund 44 Millionen Mitglieder betroffen.

Höchstes Minus bei Ersatzkassen

Die Zusatzbeiträge müssen von den Arbeitnehmern allein getragen werden, während der allgemeine Beitragssatz in Höhe von 14,6 Prozent paritätisch von den Arbeitgebern mitfinanziert wird. 2015 stiegen die Ausgaben je Versichertem um 3,7 Prozent. Wesentlichen Anteil daran haben Arzneimittel mit einem Zuwachs um 4,6 Prozent (1,7 Mrd Euro). Besonders hervor stechen die Ausgaben für hochpreisige Medikamente zur Behandlung von Hepatitis C, für die 1,3 Milliarden Euro bezahlt wurden - 700 Millionen Euro mehr als 2014.

Das größte Minus mit 532 Millionen Euro fuhren die Ersatzkassen mit den Marktführern Techniker Krankenkasse (TK) und Barmer GEK ein. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) machten dagegen einen Überschuss von rund neun Millionen Euro. Eine Sprecherin des Ersatzkassenverbands kritisierte, der derzeitige Finanzausgleich zwischen den Kassen verfehle sein Ziel. Er müsse gesetzlich nachgebessert werden, um wieder faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen.

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