Droht nach dem Kohleausstieg ein Comeback der Kernenergie unter dem Deckmantel des Klimaschutzes? Mehrere osteuropäische Staaten drängen vor dem EU-Gipfel in der kommenden Woche offenbar auf eine stärkere Rolle der Atomenergie.
Mehrere Staaten hätten in Vorbereitung des Gipfels entsprechende Forderungen gestellt, berichtet die »Süddeutschen Zeitung«. Die Kernenergie sei eine »erwiesenermaßen emissionsfreie Quelle«, der eine »Schlüsselrolle bei der Sicherung nicht nur der nationalen, sondern auch regionalen und europäischen Energiesicherheit« zukomme, heißt es der Zeitung zufolge in einem Papier der bulgarischen Regierung.
Riskant, aber klimafreundlich?
Ungarn, die Slowakei, Tschechien und Rumänien argumentierten ähnlich und forderten »Technologieneutralität«, »flankiert vom Bekenntnis zur Klimaneutralität«. Rumänien beispielsweise verlangt dem Bericht zufolge mehr Flexibilität bei der Auswahl von Technologien, die wenig Kohlendioxid ausstoßen, »inklusive Nutzung der Kernenergie«.
In den USA plant indes der designierte Präsident Joe Biden eine neue Generation von Mini-AKWs, in Russland ging vor Kurzem mit der »Akademik Lomonossow« das erste AKW-Schiff in Betrieb. Ähnlich wie dort gilt Atomkraft auch bei den osteuropäischen Staaten als riskante, aber klimafreundliche Energieform. Weitgehend ungeklärt ist die jahrhundertelange Entsorgung des hoch radioaktiven Mülls.
Die Staats- und Regierungschefs wollen bei dem Treffen über eine Neujustierung der Klimaziele der EU beraten. Die Bewertung der Kernenergie spaltet die EU-Mitgliedstaaten seit Jahren. Besonders die Visegrád-Länder Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn setzen wegen der Abkehr von der Kohleenergie seit Langem auf eine Renaissance der Kernkraft.
In Deutschland muss das letzte Atomkraftwerk bis Ende 2022 vom Netz gehen, ein entsprechendes Ausstiegsgesetz hatte der Bundestag nach der Atomkatastrophe von Fukushima beschlossen.
spiegel
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