Im Attacke-Modus durch die Darts-WM

  31 Dezember 2020    Gelesen: 344
  Im Attacke-Modus durch die Darts-WM

Die letzten Pfeile des Jahres sind geworfen, die Viertelfinalisten bei der Darts-WM ermittelt. Unter den letzten Acht steht unter anderem Gary Anderson, der auch abseits der sportlichen Glanzlichter die Schlagzeilen dominiert. Grund ist seine nächste Wutrede.

Er will doch nur Darts spielen, bezweckt aber mit seinen Verbalattacken das Gegenteil: Der sportliche Auftritt von Gary Anderson bei der Darts-WM in London - ein glatter 4:0-Sieg über Devon Petersen - rückt in den Hintergrund. Grund ist die zweite Wutrede des Schotten innerhalb von nur 48 Stunden. "Was für ein Trottel", schimpft Anderson auf der Pressekonferenz nach seinem souveränen Achtelfinal-Sieg. Adressat der nächsten Verbalattacke des Schotten ist Wayne Mardle, Ex-Spieler und TV-Experte beim übertragenden Sender Sky Sports.

Mardle hatte nach dem Drittrunden-Spiel von Anderson gegen den Österreicher Mensur Suljovic Verständnis dafür gezeigt, dass Suljovic das Spiel verlangsamt und den ein oder anderen taktischen Kniff eingesetzt hat. "Wayne Mardle sagt, man muss den Gegner ausbremsen. So etwas kommt aus dem Mund eines Sky-Sports-Kommentators. Ich bin echt stolz auf dich, Wayne", ätzt Anderson auf der Pressekonferenz nach seinem Achtelfinal-Sieg mit sarkastischem Unterton. Der Weltmeister von 2015 und 2016 wirft Mardle unter anderem vor, mit seiner Aussage ein schlechtes Bild für den Darts-Nachwuchs abzugeben. "Das ist natürlich das Beste, was man den Kids da draußen sagen kann."

Nach dem 4:3-Zittersieg gegen Suljovic hatte Anderson am Montagabend zu seiner ersten Wutrede angesetzt und dem Österreicher Psychospielchen vorgeworfen. "Das Spiel war ein absoluter Witz. Wenn Darts jetzt so gespielt wird, dann viel Spaß. Ich bin dann weg, für eine Partie Golf oder so. Das hier mache ich nicht noch einmal mit."

Im Achtelfinale erlebt Anderson dagegen eine Partie ganz nach seinem Geschmack. Sein Gegner Devon Petersen versucht erst gar nicht, den "Flying Scotsman" aus seiner Komfortzone zu bringen. Keine Psychotricks, kein Verlangsamen. "Das waren ordentliche Darts. Wirf' einfach deine Darts und schlage den Gegner mit dem, was du in den Händen hältst. Und nicht mit Gerede oder Taktik oder was auch immer Wayne sagt."

Einmal in Rage geredet, ist Anderson nicht mehr zu halten. Der Schotte holt zum Rundumschlag gegen das halbe Kommentatoren-Team von Sky Sports aus: "Wayne Mardle, Rod Harrington und Mark Webster haben alle selbst Darts gespielt. Ich habe gesehen, wie sie aus dem Sattel gegangen sind, weil ihnen irgendjemand irgendwas getan hat. Wenn sie jetzt dort oben gespielt hätten, wären sie noch viel wütender gewesen, als ich es war."

Kein Rücktritt in den "nächsten zehn Jahren"

Rod Harrington hatte bereits in einer ersten Reaktion nach Spielende sein Fett wegbekommen. "Ich habe gehört, dass Rod mir dazu geraten hat, zurückzutreten. Rod, ich habe darüber nachgedacht, aufzuhören. Aber nein, jetzt trete ich nicht zurück", sagt Anderson im Live-Interview bei Sky Sports. "Ich werde noch eine lange Zeit spielen. In den nächsten zwei, drei, vier, fünf, zehn Jahren, werde ich hier sein. Sorry!"

Der sehr souveräne Achtelfinal-Auftritt des zweifachen Weltmeisters gegen Devon Petersen rückt spätestens nach diesem Kommentar in den Hintergrund. Dabei sendet Anderson mit dem überraschend problemlosen 4:0-Satzerfolg gegen den Südafrikaner auch eine sportliche Botschaft an die Konkurrenz.

Anderson präsentiert sich vor allem beim Wurf auf die Doppelfelder erstaunlich konsequent. Im ersten Satz nutzt er die Fehler von Petersen gnadenlos aus. Im zweiten und dritten Satz verpasst der Südafrikaner erneut in entscheidenden Momenten die Doppel. Anderson läuft zwar nicht auf Hochtouren, aber auch ohne Topform gewinnt der "Flying Scotsman" beide Sätze mit 3:2. Fünf Minuten später - Anderson gewinnt Satz vier zu Null - ist die Partie schon vorbei. "Ich bin nicht einmal in der Nähe von dem, was ich eigentlich spielen kann. Mein Fokus liegt schon auf dem nächsten Jahr. Da will ich neu angreifen und zurück an die Spitze. Dieses Turnier ist Bonus."

Van den Bergh verpasst Mega-Comeback

Im Viertelfinale am Neujahrstag trifft Anderson auf Überraschungsmann Dirk van Duijvenbode. Der Niederländer hat sich in diesem Jahr zu einem Herausforderer für die Weltspitze gemausert. Nach seinem sensationellen Finaleinzug beim World Grand Prix im Oktober, steht van Duijvenbode nun bereits zum vierten Mal innerhalb von nur drei Monaten im Viertelfinale eines Major-Turniers. Der 28-Jährige bezwingt Glen Durrant trotz zwischenzeitlichem 1:3-Rückstand noch mit 4:3. "Ich hatte das Gefühl, dass ich besser spiele als Glen. Plötzlich liege ich dann 1:3 zurück. Ich habe aber weiter an mich geglaubt", sagt der "Auberginen-König" nach seinem Comeback-Sieg am Dienstagabend.

Ein solches Comeback nach deutlichem Rückstand bleibt Dimitri Van den Bergh im letzten Achtelfinale verwehrt. Der junge Belgier gerät trotz starker Leistung gegen einen noch stärkeren Dave Chisnall mit 0:3-Sätzen in Rückstand. Dann dreht Van den Bergh auf, verkürzt auf 2:3, ehe im sechsten Satz die Nerven beider Spieler versagen.

In der Verzweiflung wirft Chisnall bei 82 Punkten Rest und nur noch zwei Darts in der Hand auf das kleinste Feld des Dartboards, das Bull's Eye. Der Pfeil landet mittig im Board, der nächste Dart sitzt in der Doppel 16. Chisnall zieht in die nächste Runde ein. "Ich hätte das Spiel etwas entspannter gewinnen können. Aber jetzt bin ich einfach glücklich, dass ich es überhaupt gewonnen habe", sagt der Engländer nach dem 4:2-Erfolg.

Der Weltranglisten-Achte muss im Viertelfinale an Neujahr gegen die Nummer eins der Welt, Michael van Gerwen, ran. Außerdem spielt Mitfavorit Gerwyn Price gegen Daryl Gurney. Stephen Bunting bekommt es mit Krzysztof Ratajski zu tun. Der Pole hatte sich am Dienstagabend in einem dramatischen Match gegen den Deutschen Gabriel Clemens durchgesetzt.

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Quelle: ntv.de


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