Impfen, runterfahren, schließen

  05 Januar 2021    Gelesen: 325
Impfen, runterfahren, schließen

Neues Jahr, altes Leben zurück? Von wegen. Vor der Corona-Konferenz der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten belastet der schleppende Impfstart die Akteure. Dabei stehen wichtige Entscheidungen an.

Die Runde, die in der Coronakrise so an Bedeutung gewonnen hat, steht auch im neuen Jahr weiter im Zentrum des politischen Geschehens. Ab 11 Uhr schaltet sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Dienstag mit den 16 Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zusammen.

Der Shutdown, der vor Weihnachten verschärft wurde, dürfte bis Ende Januar verlängert werden. So viel scheint klar. Und auch die Schulen können in der kommenden Woche kaum wieder für den Regelbetrieb öffnen.

Corona hat Deutschland voll im Griff. Von einem Aufbruch, gar Euphorie kann keine Rede mehr sein. Dabei hatte sich die Bundesregierung genau das vom Impfstart erhofft: endlich den Weg zurück zur Normalität finden. Von wegen.

Auch in der Bund-Länder-Schalte am Dienstag dürfte der Streit alles überlagern – obwohl von der Runde kaum Entscheidungen zu erwarten sind, die den Impfplan betreffen.

Nur der Frust ist groß. Gleich mehrere sozialdemokratisch geführte Bundesländer werfen Spahn Versagen vor. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte die Kanzlerin auf, sich einzuschalten. Nötig sei jetzt »eine nationale Kraftanstrengung«.

Dabei war Spahn neben Merkel und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) der politische Gewinner des Jahres 2020. Seine persönlichen Werte haben sich in der Coronakrise deutlich verbessert. Der SPD bietet der schleppend angelaufene Impfstart sicher auch eine Chance, das Krisenmanagement des Gesundheitsministers zu hinterfragen.

Merkel hat zum Ende ihrer Amtszeit nochmal große Beliebtheitswerte erreicht. Neben Spahn steht aber auch sie wegen der Bestellstrategie beim Impfstoff in der Kritik. Gebetsmühlenartig verteidigte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag den Kurs, die Bestellungen der EU-Kommission zu übertragen. Doch warum die Bundesregierung nicht früher mehr Impfstoff bilateral bestellt hat, das bleibt offen.

Klar ist: Trotz der Impfungen wird das Coronavirus das Leben in Deutschland noch monatelang einschränken. Bislang wurden nicht einmal 300.000 Menschen hierzulande geimpft. Bis Ende Januar sollen es vier Millionen sein, sagt Spahns Sprecher. Der Gesundheitsminister selbst stellte am Montagnachmittag in der Unionsfraktionssitzung laut Teilnehmer-Angaben in Aussicht, dass man »wohl im zweiten Quartal 2021« alle Interessierten in Deutschland impfen könne.

Mit solchen Versprechungen versucht Spahn offensichtlich wieder in die Offensive zu kommen. Aber wird er sie auch halten können?

spiegel


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