Soll noch einer behaupten, die drei Bewerber um den CDU-Vorsitz seien einander zu ähnlich gewesen. In ihren Reden auf dem digitalen Parteitag haben Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen den 1001 Delegierten drei sehr unterschiedliche Angebote gemacht: Laschet sprach darüber, Partei und Land zusammenhalten zu wollen. Röttgen skizzierte, wie er Partei und Land modernisieren wolle. Merz sprach vor allem über das Superwahljahr und seine Entschlossenheit, Bundeskanzler werden zu wollen. Der lange Zeit als Favorit gehandelte Merz hat sich mit dieser Ego-Nummer selbst ins Abseits geschossen und es mit einer insgesamt schwachen Rede versemmelt - wieder einmal.
Armin Laschet hat in den vergangenen Monaten weder als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen noch als Bewerber im Vorsitzrennen geglänzt. Und das trotz seiner prominenten Rolle in der Corona-Krise. Nicht Laschet hat Laschet scheinen lassen, sondern sein ärgster Konkurrent, Friedrich Merz. Laschet hat in seiner Rede klargemacht, dass er für alles steht, was Merz - zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung - nicht ist. Er präsentierte sich als Mann der Kontinuität in der Ära nach Merkel: "Das Weiter so, das wir brauchen, ist die Kontinuität des Erfolgs." Laschet betonte, ein Mann des Ausgleichs zu sein: "Man muss das Handwerkszeug einer Politik der Mitte beherrschen, die Fähigkeit zur Einigung."
Und Laschet unterstrich seine Teamspieler-Qualitäten: "Die CDU ist keine One-Man-Show", sagte er und versprach, mit ihm als Kapitän seien "immer alle an Bord, jeder kann groß sein, jeder kann glänzen". Zudem erzählte Laschet mit der Anekdote von seinem unter Tagen schuftenden Vater auch eine christdemokratische Geschichte von Zusammenhalt, sozialem Aufstieg, von der Bedeutung der Familie und gesellschaftlichen Werten. Merz gab er die Breitseite mit, dass Deutschland "keinen CEO, keinen Vorstandsvorsitzenden" brauche.
Kein starkes Votum für Laschet
Der angeblich so weiche und blasse Laschet kann auch knallhart sein. Als es drauf ankam, war er da. Diese Rede plus Laschets Reputation als Wahlsieger und Ministerpräsident gaben im Zusammenspiel mit Laschets Tandem-Partner Jens Spahn den Ausschlag zugunsten des Aacheners. Der darf sich spätestens jetzt Gedanken machen, wie er das Konrad-Adenauer-Haus von der Düsseldorfer Staatskanzlei aus führen will, während er in den Monaten bis zur Bundestagswahl weiter die Pandemie handhaben muss.
Ein starkes Votum hat Laschet nämlich nicht erhalten. In der Stichwahl sind von Röttgens Wählern erstaunlich viele Stimmen an Merz gegangen. Den Aufbruch, den Röttgen versprochen hat, traute ein Drittel seiner Wähler offenbar eher Merz als Laschet zu. Laschet weckt einfach keine Begeisterung, wie auch seine persönlichen Umfragewerte zeigen. Vor dem anstehenden Superwahljahr ist das ein Problem.
Nur Merz kann Partei befrieden
So tritt mit dieser Wahl ein, was die Granden der Partei am meisten gefürchtet haben: Das Ende des Wettbewerbs um den CDU-Vorsitz markiert den Beginn des Kampfes um die Kanzlerkandidatur der Union. Laschet wird sie wollen, Spahn scheint sie zu wollen, CSU-Chef Markus Söder zieht sich schon aus taktischen Gründen nicht vorzeitig aus dem Rennen zurück. Die Union wird daher in den kommenden Wochen weiterhin einen Machtkampf erleben, der die Partei als Ganzes zu beschädigen droht.
Ein Fingerzeig, wo die Reise hingeht, ist das schwache Ergebnis für Jens Spahn bei dessen Wahl zum stellvertretenden Parteivorsitzenden. Das Merz-Lager scheint ihm seine Intervention kurz vor der Abstimmung übel zu nehmen. Auch Laschet droht damit ein schwaches offizielles Wahlergebnis, sollten die zahlreichen Merz-Fans ihm die Stimme in der Briefwahl verweigern. Das zu verhindern, käme Merz zu. Aber nach dessen Rede sollte niemand auf Merz‘ Teamplayer-Qualitäten setzen.
Quelle: ntv.de
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