Natürlich wird der FC Bayern wieder Meister
Nein, ein 4:0 beim FC Schalke haut beim FC Bayern niemanden aus den Socken. Zumal zwei der vier Treffer erst unmittelbar vor Schluss fielen. Davor war wieder viel Arbeit angesagt. "Mir hat in dem Spiel nicht alles gefallen, was ich gesehen habe", haderte Trainer Hansi Flick bei "Sky". "Wir waren zwar im Spiel drin, haben aber zu viele Fehler gemacht. Unsere Ballverluste sind teilweise zu einfach, da spielen wir manchmal mit einem zu hohen Risiko." Wichtig sei es, "dass wir die Dinge analysieren und im nächsten Spiel wieder besser machen."
Und Doppel-Torschütze Thomas Müller sekundierte seinem Trainer: "Der letzte Sommer war außergewöhnlich. Es ist dann schnell so, dass man das als Messlatte nimmt. Und natürlich wollen wir auch wieder dahin. Andererseits setzt sich jede gegnerische Mannschaft auch zur Wehr." Und eben: "In der vergangenen Woche haben wir dennoch neun Punkte aus drei Spielen geholt und einen riesigen Schritt in der Tabelle gemacht. Und das ist am Ende das, was zählt."
Was zählt, das ist die Meisterschaft. Für die Bayern ist die Schale das Minimum, für die nationale Konkurrenz die unerfüllte Sehnsucht. Dabei bleibt es. Denn während sich der schwergestresste Rekordmeister inzwischen wieder von Sieg zu Sieg arbeitet, verzweifelt man in Leipzig, Dortmund und Leverkusen mal wieder mehr noch als am in dieser Saison gar nicht so übermächtigen FC Bayern, sondern weiter an sich selbst. Und Pfosten-Glück (beim 2:1 gegen den FC Augsburg) hin, Latten-Glück (beim 2:1 gegen den SC Freiburg) her: Aus zwei Punkten Vorsprung zu Beginn der zu Ende gegangenen englischen Woche, wurden sieben am Ende.
Zumindest Herthas Geld schießt keine Tore
Am Ende war es wie so oft in Berlin: Es kreist die Abrissbirne. Altes muss weg, weil man sich vom Neuen Mehrwert verspricht. Zu viel Geld pumpte der Investor in sein Projekt, zu renditestark stellt man sich die Zukunft vor, als dass man das eigene Portfolio im unteren Mittelmaß verorten könnte. Das Prinzip, das in der hauptstädtischen Immobilienlandschaft für regen Widerstand sorgt, stößt im Sport aktuell auf große Zustimmung: Michael Preetz, Hertha Ur-Gestein und Bruno Labbadia, der dem Klinsmann-geschädigten Big City Club nicht nur äußerlich wieder ein schönes Gesicht verpassen sollte, mussten den Hertha-Kiez verlassen.
Bei Labbadia, 14. Trainer in Preetz' zwölf Jahren als Hertha-Manager, konnten die Ergebnisse nie mit den durch die großzügigen Zuwendungen in Höhe von gut 250 Millionen Euro von Investor Lars Windhorst mithalten. Preetz schließlich, seit Jahren umstritten, versenkte schon 145 Millionen Euro in zumeist für die großen Hertha-Ansprüche untaugliche Neuzugänge. Spieler wie Lucas Tousart (25 Millionen), Krzysztof Piatek (24) oder Dodi Lukebakio (20), der gegen Bremen aus sportlichen Gründen nicht mal im Kader stand, entpuppten sich nicht als große Verstärkungen.
Man befinde sich in einer "sehr ernsten Situation" und wolle "einen neuen Impuls setzen", sagte Carsten Schmidt, der neue Vorsitzende der Geschäftsführung: "Wir wollen einen Neuanfang." Die Spieler sieht der starke Mann in der Pflicht: "Ich habe an die Mannschaft einen Appell gerichtet und deutlich gemacht, in welcher Phase wir sind: im Abstiegskampf." Mit ganz viel Geld kämpft man in der Hauptstadt nun um die sportliche Existenz. Der Klassenerhalt wäre immerhin schon einmal die halbe Miete.
Besser ist nicht gut genug
Vielleicht ist es der ungelenke Versuch, sich weiteres neues Personal herbeizureden. Schalkes Trainer Christian Gross etikettiert seine vorhandenen Kicker einfach um. Seinen Angreifer Can Bozdogan hatte der Schweizer schon als "Erdogan" vorgestellt, vor dem 0:4 gegen den FC Bayern freute er sich über ein neues Mitglied in seinem Kader: Ein gewisser Massimo Schüpp stoße zur Mannschaft, verkündete Gross. Doch der Neue entpuppte sich schnell als Alessandro Schöpf, seit 2016 leidlich erfolgreich fürs Bundesligaschlusslicht.
Die beiden "echten" alten Helden im Gewand neuer Hoffnungsträger - Sead Kolasinac und Klaas-Jan Huntelaar - konnten die nächste Pleite nicht verhindern. Damit ist der FC Schalke abgestiegen. Statistisch. Sieben Punkte hat man in Gelsenkirchen in 18 Spielen zusammengeklaubt. Weniger hatte noch nie ein Team im seit 1995 geltenden Drei-Punkte-System. Das ist natürlich Quatsch, ist sich Gross sicher. "Es steckt in meinem Naturell, dass ich ein positiver Mensch bin", sagte der Schweizer und sah in dem Spiel "einen Fortschritt". Das kann man so sehen, aber wie mit Herthas Geld ist es auch mit Schalkes Fortschritten: Beides bringt keine Punkte.
Torwart Ralf Fährmann immerhin weiß: "Es kommen noch 16 Spiele. Gegen den Stärksten haben wir jetzt gespielt und ab jetzt kommen die Begegnungen, in denen wir punkten müssen. Ich kann jedem Fan versichern, dass ich alles dafür tun werde, dass wir wieder zurück in die Erfolgsspur kommen." Die Erfolgsspur allerdings ist auf Schalke schon mit viel Gestrüpp und Gras überwuchert. Erdogan, Schüpp und Co. müssen eine Menge Rechenarbeit leisten müssen, um sich lange die Hoffnung auf Rechenspiele erhalten zu können.
Borussia Dortmund ärgert sich aus der Spitze
In Dortmund haben sie derzeit wenig Nettigkeiten für einander übrig: "Das stinkt gewaltig", erzürnte Kapitän Marco Reus die augenblickliche Situation beim Meisterschaftskandidaten a.D.. "Wenn du drei Tore durch Standardsituationen fängst, wo du einfach nicht da bist, dann braucht man sich über das Ergebnis am Ende keine Gedanken machen", schimpfte sein Boss Michael Zorc nach dem 2:4 bei Borussia Mönchengladbach. "Das ist unverzeihbar", hatte Mats Hummels den Kollegen schon nach dem 1:2 bei Union Berlin im Dezember mitgegeben. Reus quittierte nach dem 1:2 unter der Woche gegen Leverkusen einen "enttäuschenden Abend für uns", sein Trainer Edin Terzic warf schließlich zuletzt selbst die in Dortmund so verhasste Mentalitätsfrage auf: "Qualität ist das Ergebnis von Talent plus Mentalität. Wir haben uns zu sehr auf das Talent verlassen und uns zu wenig gewehrt". Es sind vor allem die vielen Standardgegentore, die sie in Dortmund nerven. Gegen Gladbach waren es drei Stück.
Nein, in Dortmund erlebt man schon wieder unerfreuliche Zeiten: 1:1 zu Hause gegen Abstiegskandidat Mainz, 1:2 gegen Bayer Leverkusen und nun 2:4 gegen Borussia Mönchengladbach: Mittelfeld statt Meisterschaft, Ärger statt Euphorie. Es sind "einfache und dumme Gegentore" (Terzic), die so viele Punkte kosteten, dass Borussia Dortmund derzeit nur auf Rang sieben liegt - außerhalb der internationalen Plätze. Wenn man die Fehler nicht abstelle, "wird es schwierig, ein Spiel zu gewinnen", schimpfte Reus im ZDF. Hummels gab sich vergleichsweise milde in der Beurteilung der Gegentore: "Standards zu verteidigen ist derzeit ein ganz großer Punkt bei uns." Und Terzic forderte: "Standardsituationen sind in Spielen auf Augenhöhe oft spielentscheidend. Das müssen wir schnellstmöglich in den Griff bekommen." Der Tabellenstand sei "eine Momentaufnahme, die für jeden Borussen nicht so schön ist", durchhalteparolte Nationalspieler Julian Brandt: "Das kann sich innerhalb von zwei, drei, vier Wochen wieder ändern. Nichtsdestotrotz müssen wir aufpassen, wir müssen punkten."
Hummels hofft nach der für Borussia Dortmund enttäuschenden englischen Woche auf frische Energie: "Man sieht es in ganz Fußball-Europa und in allen Sportarten, dass alle Mannschaften an dem zu zehren haben, was derzeit passiert. Ich behaupte, es gibt derzeit keine Mannschaften, die konstant sein kann. Deshalb ist die Erholung nun sehr wichtig." Stellt man die alten Fehler nicht schnell ab, wird man in Dortmund die europäischen Fußball-Vorgänge erstmals seit sehr, sehr langer Zeit nur aus der Ferne beobachten können.
Quelle: ntv.de
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