Als eine Armee von Hobby-Spekulanten den Kurs der Gamestop-Aktie nach oben pushte und damit Hedgefonds an den Rand der Pleite trieb, stilisierte sie das als einen Sieg der Amateure über die Profis. Doch die Wirklichkeit ist nicht so einfach. Ein Beispiel: Der New Yorker Hedgefonds Senvest verdiente durch den Hype satte 700 Millionen Dollar.
Wie das "Wall Street Journal" berichtet, hatten die Hedgefonds-Manager Richard Mashaal und Brian Gonick bereits im September Aktien des strauchelnden Videospiele-Händlers gekauft - also lange vor dem Irrsinn, der im Januar ausbrach. Als der Kurs plötzlich von 10 auf 400 Dollar in die Höhe schoss, machten die beiden den Deal ihres Lebens. "Als es langsam losging, dachten wir, dass sich etwas Größeres anbahnt", sagte Mashaal. "Aber wir hatten keine Ahnung, wie verrückt das alles wird."
Der Hedgefonds hatte Anfang vergangenen Jahres begonnen, sich für das angeschlagene Unternehmen zu interessieren. Damals hatte Ryan Cohen, größter Einzelaktionär des Videospiele-Händlers, seine Beteiligung auf knapp zehn Prozent aufgestockt. Außerdem kündigte der Gründer des E-Commerce-Unternehmens Chewy an, sich stärker im Geschäftsbetrieb zu engagieren.
Damals empfahlen die meisten Wall-Street-Analysten, die Aktien bloß nicht zu kaufen. Außerdem liefen hohe Wetten auf fallenden Kurse. Denn Gamestop verkauft Spiele und Konsolen bisher vor allem in Filialen - nicht online. Doch nachdem sie mit dem Management gesprochen und sich das Marktumfeld angesehen hatten, stiegen Mashaal und Gonick bei dem Unternehmen ein. Sie trauten dem Management zu, sich in einen digitalen Verkäufer umzuwandeln. Ende Oktober besaß Senvest mehr als fünf Prozent der Anteile und hatte für die allermeisten Aktien weniger als 10 Dollar bezahlt.
Als die Gamestop-Aktie im Januar abhob, verkauften Mashaal und Gonick die ersten Aktien. Und als Tesla-Gründer Elon Musk Ende des Monats den Hype per Tweet noch weiter anheizte, verkauften sie ihr komplettes Paket. Den jüngsten Kursverlusten können sie gelassen zusehen.
Beide Manager werden die Diskussionen von Hobby-Tradern in Internet-Foren künftig genau beobachten, bevor ihr Fonds gegen oder auf eine Aktie wettet. "Ich gehe nicht davon aus, dass das vorbei ist", sagte Gonick.
n-tv
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