Bei 35er-Inzidenz droht Öffnungschaos

  12 Februar 2021    Gelesen: 786
Bei 35er-Inzidenz droht Öffnungschaos

Die neuerdings wichtige Sieben-Tage-Inzidenz von 35 könnte Ansporn sein, die Zahl der Neuinfektionen bis zum 7. März besonders drastisch zu senken. Allerdings ist der Umgang mit der Sehnsuchtsmarke nach dem Bund-Länder-Gipfel alles andere als eindeutig. Es droht - wie bei den Schulen - ein Flickenteppich.

Nach der Verlängerung des Lockdowns in Deutschland bis zum 7. März verwandelt sich die Kennzahl von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen einer Woche zur neuen Lockerungskennziffer. Erst wenn dieser Wert stabil erreicht ist, sollen erste Öffnungsschritte beschlossen werden dürfen. "Stabil" bedeutet laut Bundeskanzlerin Angela Merkel "drei bis fünf Tage" auf demselben Niveau. Allerdings ist die Auslegung dieser scheinbar klaren Marke nach dem Bund-Länder-Gipfel denkbar uneindeutig.

So ist bislang nicht klar, wie die Länder diese Vorgabe umsetzen. Dürfen die Geschäfte, Restaurants oder Museen bereits in einzelnen Landkreisen wieder öffnen, sobald die Inzidenz stabil unter 35 sinkt? Oder muss das ganze Bundesland unter der 35er-Marke bleiben, damit erste Lockerungen erlaubt sind? Auf Anfrage von ntv.de verwies das Bundesgesundheitsministerium auf das Bundespresseamt. Doch das wollte dazu keine konkreten Angaben machen. "Über die Umsetzung der Öffnungsschritte bei Erreichen einer stabilen 7-Tage-Inzidenz von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner entscheiden die Länder", sagte eine Regierungssprecherin. Dies gelte auch für die Bezugsebene, also die Frage, ob Kreise oder das ganze Bundesland die Lockerungsbedingungen erfüllen müssen.

Auch der Starttermin der schrittweisen Öffnung bleibt danach vage. Starten alle Länder oder Kreise, die unter der Marke liegen, bereits am 7. März? Oder müssen ab dem Stichtag weitere Tage vergehen, bis die Stabilität stabil genug ist? Auch in dieser Frage gibt es von der Bundesregierung keinen deutschlandweiten Fahrplan. Wenn alle Öffnungsschritte in Länderhand liegen, droht allerdings bei der stabilen 35 ein Lockerungs-Flickenteppich, wie er bereits beim Thema Schulöffnungen für Frust sorgt.

Wilde Einkaufstouren vermeiden

Verschärfend kommt hinzu, dass Bund und Länder Shopping-Ausflüge verhindern müssen. Wenn ein Gebiet öffnet, sollte vermieden werden, dass die Menschen aus umliegenden Regionen mit höheren Inzidenzwerten sich in Massen dorthin auf den Weg machen. In einer aktuellen Forsa-Umfrage von RTL und ntv sagen bereits heute 42 Prozent der Bürger, sie würden Einkaufsmöglichkeiten in einer früher geöffneten Region auf jeden Fall oder wahrscheinlich nutzen.

Während die 35er-Marke für viele Regionen Deutschlands noch als Ziel erscheint, auf das sich hinzuarbeiten lohnt, wächst die Zahl der Landkreise, die den Kennwert bereits unterschreiten. In den Landkreisen Dithmarschen (Schleswig-Holstein), Wilhelmshaven (Niedersachsen), Rotenburg Wümme (Niedersachsen), Verden (Niedersachen), Münster (NRW), Zweibrücken (Rheinland-Pfalz) und Regensburg (Bayern) liegt der Wert schon jetzt unter 20. Dort dürfte sich die Verlängerung des harten Lockdowns bis in den März hinein besonders hart anfühlen. Ob diese Kreise schon früher als zum 7. März lockern dürfen, lässt die Bundesregierung in ihrer Antwort ntv.de gegenüber ebenfalls offen. Der nächste Auslegungsstreit ist damit programmiert.

Quelle: ntv.de


Tags:


Newsticker