Verstöße gegen Impfreihenfolge

  12 Februar 2021    Gelesen: 726
Verstöße gegen Impfreihenfolge

In mindestens neun Bundesländern gibt es Fälle von Verstößen gegen die Corona-Impfreihenfolge. Dabei seien etwa Kommunalpolitiker, Geistliche sowie Feuerwehrleute und Polizisten zum Zuge gekommen, obwohl sie nicht zur ersten Prioritätsgruppe gehörten.

Nach einer Recherche der Deutschen Presse-Agentur seien die vorgezogenen Impfungen in den meisten Fällen mit übrig gebliebenen Dosen begründet worden, die man nicht habe verschwenden wollen, hieß es. Der Impfstoff muss vor dem Impfen zunächst aufbereitet und verdünnt werden und ist dann nur wenige Stunden haltbar. Sagen Menschen ihren Impftermin ab, können daher am Ende des Tages Impfdosen übrig bleiben.

Zuletzt war bekannt geworden, dass sich der Oberbürgermeister von Halle, Bernd Wiegand (parteilos), zusammen mit zehn Stadträten hat impfen lassen, obwohl diese nicht zur ersten Prioritätsgruppe gehörten. Wiegand hatte angegeben, mit einer übrig gebliebenen Impfdosis geimpft worden zu sein, nachdem niemand sonst für eine Impfung zur Verfügung gestanden und ein „Zufallsgenerator“ ihn ausgewählt habe. Die Gesundheitsministerin von Sachsen-Anhalt, Grimm-Benne, rügte die Betreffenden: „Das erschüttert mein Vertrauen zutiefst, wenn sich Politikerinnen und Politiker impfen lassen und agieren, als sei die Festlegung des Bundes nicht mehr als eine vage Empfehlung.“

Zahlreiche weitere Fälle bekannt

Auch in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern waren schon im Januar mehrere Fälle von Kommunalpolitikern oder kirchlichen Amtsträgern bekannt geworden, die deutlich früher als vorgesehen geimpft wurden. Darunter auch der Augsburger Bischof Bertram Meier und sein Generalvikar Harald Heinrich. Die Diözese begründete dies damit, dass beide als Seelsorger in Seniorenheimen arbeiteten und damit wie Altenpfleger als Personal einzustufen wären. Auch der Osnabrücker Weihbischof Johannes Wübbe ist nach Angaben seines Bistums bereits gegen Covid-19 geimpft. Er habe die Impfung erhalten, weil er als ehrenamtlicher Helfer mit einem mobilen Impfteam unterwegs sei. Alle anderen katholischen Bischöfe sind nach eigenen Angaben noch nicht geimpft.

Die Reihenfolge der Impfungen ist in der Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums klar geregelt: Zunächst sollen Menschen über 80 Jahre geimpft werden, außerdem jene Personen, die durch ihre Arbeit in Krankenhäusern, Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen oder Impfzentren ein besonders hohes Ansteckungsrisiko haben. Sie gehören der Gruppe der höchsten Priorität an.

Städte und Gemeindebund warnt vor Verstößen
Der Städte- und Gemeindebund rief Kommunalpolitiker und andere Amtsträger dazu auf, sich an die bundesweit festgelegte Reihenfolge bei den Corona-Impfungen zu halten. „Für die Bürgermeister ist es sicher ratsam, sich zurückzuhalten, wenn sie nicht zur ersten Gruppe gehören“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Landsberg rechnet damit, dass solche Impfstoffreste künftig kaum noch anfallen: „Die Impfbereitschaft beim Personal in den Pflegeheimen und Krankenhäusern nimmt gerade enorm zu“, sagte er. Der Grundsatz müsse aber lauten: „Auf jeden Fall verimpfen, auf keinen Fall wegschmeißen.“ Viele Kreise hätten für diesen Fall verbindliche Listen erstellt, wer für eine Impfung mit übrig gebliebenen Dosen in Frage kommt.

Stiftung Patientenschutz: „Mindestens eine Ordnungswidrigkeit“

Die Stiftung Patientenschutz fordert, Verstöße gegen die Impfreihenfolge zu ahnden. Vorstand Brysch sagte im Deutschlandfunk, Bundesgesundheitsminister Spahn habe es versäumt, in seiner Verordnung eine klare Aussage zu Verstößen zu treffen. Sachsen-Anhalt gebe es Über-80-Jährige in Pflegeheimen, die noch auf einen Impftermin warten, während ein Oberbürgermeister schon mal drankomme. „Das muss doch mindestens eine Ordnungswidrigkeit sein“, forderte Brysch. Die Folge dieser Verstöße seien das Gefühl von Ungerechtigkeit und Frust in der Bevölkerung.


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