US-Geheimdienste machen saudischen Kronprinz für Khashoggi-Mord verantwortlich

  27 Februar 2021    Gelesen: 444
US-Geheimdienste machen saudischen Kronprinz für Khashoggi-Mord verantwortlich

Das Papier war unter Verschluss, nun haben die US-Geheimdienste den Bericht veröffentlicht: Demnach genehmigte der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman höchstselbst die Operation, bei der Jamal Khashoggi entführt und getötet wurde.

Der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman hat nach Einschätzung der US-Geheimdienste eine Operation zur Tötung oder Gefangennahme des Journalisten Jamal Khashoggi genehmigt. Das geht aus einem Bericht hervor, den das Büro von US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines am Freitag in Washington veröffentlichte.

Aufgrund der Umstände des Mordes und der »absoluten Kontrolle« des Kronprinzen über die saudischen Geheimdienste sei es unwahrscheinlich, dass die Operation ohne sein Wissen durchgeführt worden sei, heißt es im Bericht. Der Prinz habe generell die Anwendung von Gewalt befürwortet, um Dissidenten im Ausland zum Schweigen zu bringen.

An der Operation sei einer seiner Berater direkt beteiligt gewesen. Außerdem seien auch Mitglieder der persönlichen Leibgarde des Kronprinzen Teil des Teams gewesen, das den Journalisten getötet habe.

Unmittelbar nach dieser Nachricht kündigte US-Außenminister Antony Blinken an, Einreisebeschränkungen gegen 76 Bürger Saudi-Arabiens zu verhängen. Von ihnen werde angenommen, »dass sie an der Bedrohung von Dissidenten im Ausland« wie Khashoggi beteiligt gewesen seien, teilte Blinken mit. Das US-Außenministerium machte in der Mitteilung keine Angaben dazu, wen die Einreisebeschränkungen treffen.

Außerdem setzte das US-Finanzministerium den früheren saudischen Vize-Geheimdienstchef Ahmed al-Asiri und die Schnelle Eingreiftruppe RIF auf die Sanktionsliste. Al-Asiri sei der Anführer der Operation gegen Khashoggi in Istanbul gewesen, an der mehrere RIF-Mitglieder beteiligt gewesen seien. Gegen den Kronprinzen selber verkündete die US-Regierung keine Strafmaßnahmen.

Khashoggi Verlobte Hatice Cengiz veröffentlichte ein Bild von Kashoggi auf Twitter mit dem Hashtag #justiceforjamal.

Mord im saudi-arabischen Konsulat
Khashoggi wurde am 2. Oktober 2018 im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul von einem Spezialkommando ermordet. Seine Leiche ist bis heute nicht gefunden worden. Unter internationalem Druck gab Riad Wochen nach dem Mord schließlich zu, dass der Regierungskritiker »bei einem missglückten Einsatz zu seiner Festnahme« getötet worden sei. Die Spuren führten bis in das engste Umfeld von Kronprinz Mohammed bin Salman, der aber bestritt, die Tötung selbst angeordnet zu haben.

Eine Menschenrechtsexpertin der Uno war 2019 zu dem Schluss gekommen, dass es glaubwürdige Hinweise auf eine mögliche persönliche Verantwortung des Thronfolgers und anderer ranghoher Vertreter Saudi-Arabiens gebe. Die »Washington Post« hatte wenige Wochen nach der Tat berichtet, der US-Geheimdienst sei mit hoher Sicherheit zu der Einschätzung gelangt, der Kronprinz habe die Tötung angeordnet.

Biden telefonierte mit König Salman
Der neue US-Präsident Joe Biden hatte am Donnerstag erstmals mit dem saudischen König Salman telefoniert. Das Weiße Haus teilte danach mit, Biden habe die Bedeutung bekräftigt, die die USA Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit beimessen. In der Mitteilung wurde Khashoggis Tötung nicht erwähnt.

Bidens Vorgänger Donald Trump hatte mit Riad Waffengeschäfte in Milliardenhöhe abgeschlossen. Washington verhängte im Zusammenhang mit dem Mord an dem Journalisten zwar Sanktionen gegen mehr als ein Dutzend ehemalige saudische Regierungsmitarbeiter. Trump hielt aber an seiner Unterstützung für das Königshaus in Riad fest.

Riad werde dafür »einen Preis bezahlen«
Biden hat bereits deutlich gemacht, dass er das Verhältnis zu Saudi-Arabien neu ausrichten werde. Eine Sprecherin des Weißen Hauses betonte am Donnerstag: »Unsere Regierung konzentriert sich darauf, die Beziehung neu zu kalibrieren.«

Im Wahlkampf hatte Biden dem Kronprinzen vorgeworfen, die Tötung Khashoggis angeordnet zu haben. Riad werde dafür »einen Preis bezahlen« und zum »Außenseiter« werden, sagte Biden im November 2019. Der Sprecher des Außenministeriums, Ned Price, verurteilte in den vergangenen Tagen die Tötung Khashoggis mehrfach als »entsetzliches Verbrechen«.

US-Medienberichten zufolge setzte die neue US-Regierung kurz nach ihrem Antritt im vergangenen Monat die Waffenverkäufe an Saudi-Arabien zunächst aus. Bidens Regierung kündigte zudem an, im Jemen keine Kampfhandlungen des von Saudi-Arabien geführten Bündnisses gegen die Huthi-Rebellen mehr unterstützen zu wollen.

Khashoggi pflegte lange enge Beziehungen zum saudischen Königshaus, fiel dann aber in Ungnade. 2017 ging er in die USA. Aus dem Exil äußerte er sich immer wieder kritisch zur saudischen Führung, vor allem in Kolumnen für die Zeitung »Washington Post«.

In der Türkei läuft derzeit ein Prozess um den Mord an Khashoggi. Ein saudisches Gericht hatte im Herbst fünf Angeklagte zu 20 Jahren Haft verurteilt und damit eine Ende vergangenen Jahres verhängte Todesstrafe gegen die fünf Männer aufgehoben. Zuvor hatte Khashoggis Familie erklärt, dass sie den Tätern vergebe.

spiegel


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