Top-Ökonomen kritisieren Gipfel-Beschlüsse

  04 März 2021    Gelesen: 535
Top-Ökonomen kritisieren Gipfel-Beschlüsse

Bund und Länder vollziehen eine Kehrtwende in der Corona-Politik . DIW-Präsident Marcel Fratzscher hält das für keine gute Idee. Eine starke dritte Infektionswelle werde wahrscheinlicher - und damit ein signifikanter Schaden auch für die Wirtschaft.

Von den Entscheidungen des Corona-Gipfels von Bund und Ländern hält Top-Ökonom Marcel Fratzscher wenig. Die Ergebnisse seien ein Eingeständnis des Scheiterns, so der DIW-Präsident. Obwohl die Zahl der Infizierten hoch sei und wieder steige, habe man sich zu einem Kurs der Lockerungen entschieden. "Es fehlt an überzeugenden Maßnahmen, wie eine dritte Infektionswelle verhindert werden soll."

Nach mehr als neunstündigen Verhandlungen hatten Kanzlerin Angela Merkel und die Länder-Ministerpräsidenten neue Corona-Beschlüsse ausgearbeitet. Grundsätzlich wird der bestehende Lockdown zwar bis zum 28. März verlängert - doch bereits ab Montag sind weitere Lockerungen geplant. Vereinbart wurde auch eine neue Teststrategie.

"Die Lockerungen werden einen signifikanten Schaden für Gesundheit und auch für die Wirtschaft verursachen. Eine starke dritte Infektionswelle wird wahrscheinlicher, was zu einem Jo-Jo-Effekt mit erneuten Einschränkungen führen könnte", so Fratzscher. Schlimmer als die Restriktionen der vergangenen Monate sei für Unternehmen die fehlende Planungssicherheit.

Ifo-Präsident Clemens Fuest fällt ein ähnliches Urteil. Es sei gut, dass endlich begonnen werde, mehr zu testen, sagte er in der ARD. Man müsse aber die Öffnungen an Tests binden. Das habe man nicht getan. "Wenn wir jetzt einfach öffnen, ... laufen wir in eine dritte Infektionswelle", so Fuest. Er regte Testmöglichkeiten vor Einkaufszentren an, die dann auch geöffnet werden könnten.

"An Akzeptanz verloren"

Fratzscher warnte vor den Folgen der jüngsten Beschlüsse. "Viele Ankündigungen der Politik - von breit verfügbaren, kostenlosen Tests über eine bessere Nachverfolgung der Infektionsketten bis hin zu mehr verfügbarem Impfstoff - haben sich bisher als leere Versprechen erwiesen", sagte er. Es deute zu wenig darauf hin, dass diese Vorhaben bald realisiert werden. "Bund und Länder sind größtenteils unvorbereitet auf die Konsequenzen ihrer eigenen, nun beschlossenen Schritte."

Die Kehrtwende der Politik in ihrer Corona-Strategie ist symptomatisch für ihre Zögerlichkeit und Zerstrittenheit, so Fratzscher. Das habe zu einem massiven Verlust ihrer Glaubwürdigkeit geführt. Durch diese Fehler habe die eigentlich kluge Strategie an Akzeptanz in der Bevölkerung verloren. "Der Richtungswechsel wird diesen Verlust an Akzeptanz jedoch nicht stoppen können, sondern weiter beschleunigen", so Fratzscher.

Quelle: ntv.de, jga/dpa


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