Schnelltests? Fragezeichen an der Basis

  05 März 2021    Gelesen: 451
Schnelltests? Fragezeichen an der Basis

Nach dem neuen Öffnungsplan von Bund und Ländern kommt Kritik von der Corona-Front: Hausärzten, Bürgermeistern und Patientenvertretern ist noch unklar, wie das mit den Schnelltests nun gehen soll. Politiker wie Bayerns Ministerpräsident Söder verteidigen die Beschlüsse.

Auf Schnell- und Selbsttests richten sich in der Corona-Pandemie viele Hoffnungen, um Schritte zurück zu mehr Normalität zu begleiten. Doch wie genau soll das alles ablaufen? Vertreter all jener, die täglich vor Ort gegen das Virus kämpfen haben noch viele Fragen. Der Bundesvorsitzende des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigelt, beklagt in der "Rheinischen Post", niemand wisse derzeit, wann diese Tests in welchem Umfang und an welche Stellen geliefert würden. Es sei ein Ansturm auf die Hausarztpraxen zu befürchten, "der dann in Enttäuschung endet, weil keine Tests vorhanden sind".

Der Präsident des Deutschen Städtetages, Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung, warnt in der "Augsburger Allgemeinen": "Die Enttäuschung beim Start der Impfkampagne darf sich nicht wiederholen." Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, fordert in der Zeitung: "Wir brauchen gerade mit Blick auf die Schnelltest-Strategie jetzt schnell Klarheit, wer welche Aufgaben, etwa bei Beschaffung der Tests, übernimmt."

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz moniert, dem Öffnungskonzept fehle eine tägliche flächendeckende Schnelltest-Strategie. "So wird Deutschland weitestgehend im Blindflug durch die Pandemie gesteuert", sagte Vorstand Eugen Brysch. "Das ist unverantwortlich für die Menschen der Hochrisikogruppe, die mitten unter uns leben."

Söder erinnert an die Notbremse

Führende Politiker aus Bund und Ländern mahnten derweil in der Pandemie zur Vorsicht und erinnerten daran, dass die Öffnungsperspektiven nicht unumkehrbar sind. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagte am Donnerstagabend in der ARD, in diesem "sehr ausbalancierten Konzept" gebe es Öffnungsperspektiven, aber vorsichtige mit Notbremse. "Es ist keine Einbahnstraße. Wenn die Zahlen wieder schlechter werden, werden die Öffnungen zurückgenommen", stellte Söder klar.

Auch Kanzleramtschef Helge Braun machte im ZDF deutlich, bei steigenden Zahlen müsse es auch wieder Schließungen geben. "Wir werden nicht noch einmal akzeptieren, dass wir so nah an den Rand der Überlastung unseres Gesundheitswesens kommen wie wir das kurz vor Weihnachten waren", betonte der CDU-Politiker. Die Lockerungsbeschlüsse verteidigte Braun. "Nach vier Monaten braucht die Gesellschaft eine Perspektive", betonte Braun. Zugleich verwies er aber auf den Schutzmechanismus, der bei Überschreitung einer Sieben-Tages-Inzidenz von mehr als 100 auf 100.000 Einwohner wieder in Kraft tritt.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher räumte in der ARD ein, er hätte sich den Stufenplan etwas langfristiger gestuft gewünscht. Nun müsse man bei den Öffnungsschritten die noch geltenden Beschränkungen ernst nehmen, damit es nicht zu einem Rückfall in der Pandemie komme. Deren Bekämpfung sei ein Marathon, man befinde sich hier auf den letzten Kilometern. "Das sind die anstrengendsten. Mein dringender Wunsch wäre, dass wir es nicht auf dieser Zielgeraden noch verstolpern", mahnte Tschentscher.

Spahn, Wieler und Laumann informieren zur Impfkampagne

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hatte bereits am Donnerstag deutlich gemacht, dass ihm die Öffnungen zu schnell und zu weit gehen. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, die Krise sei vorbei und Corona sei nicht mehr gefährlich, sagte der CDU-Politiker. Denn das sei der Weg in einen dritten Lockdown.

Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten hatten am Mittwoch den Lockdown grundsätzlich bis zum 28. März verlängert. Es soll aber je nach Infektionslage viele Öffnungsmöglichkeiten geben. Zugleich soll aber eine "Notbremse" bei einem regional starken Anstieg der Infektionszahlen dafür sorgen, dass Erleichterungen wieder wegfallen - bis zu den Zuständen des Winter-Lockdowns. Gesundheitsminister Jens Spahn und der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, wollen an diesem Freitag (9 Uhr, live bei ntv und ntv.de) erneut über die Corona-Lage informieren. Der Schwerpunkt ist dieses Mal das Impfen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rückt an diesem Freitag die Opfer der Corona-Pandemie ins Blickfeld. Steinmeier spricht mit Hinterbliebenen, die während der Gesundheitskrise Angehörige verloren haben. Davor hält er um 10 Uhr im Schloss Bellevue in Berlin eine Ansprache. Mehr als 70.000 Menschen sind in Deutschland mit oder an Covid-19 gestorben. Nach Ostern will das Staatsoberhaupt mit einer zentralen Gedenkfeier die Erinnerung an die Toten der Corona-Pandemie wach halten.

Quelle: ntv.de, vpe/dpa


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