Expertin warnt vor Notfallzulassung von Sputnik V in Europa

  09 März 2021    Gelesen: 411
Expertin warnt vor Notfallzulassung von Sputnik V in Europa

Das Prüfverfahren des russischen Impfstoffs Sputnik V in Europa läuft. Einige EU-Länder preschen vor und erwägen eigenmächtige Notfallzulassungen. Ein gewagter Schritt, sagt nun eine Expertin.

Eine Vertreterin der EU-Arzneimittelbehörde Ema warnt EU-Staaten davor, dem russischen Impfstoff Sputnik V eine Notfallzulassung zu erteilen, solange das Mittel noch nicht von der Ema geprüft worden ist. Es sei noch zu viel unbekannt, entscheidende Daten von Geimpften lägen nicht vor, sagte Christa Wirthumer-Hoche in der Talkrunde »Im Zentrum« des ORF. »Deswegen würde ich dringend davon abraten eine nationale Notfallzulassung auszusprechen.« Wirthumer-Hoche ist Vorsitzende des Management Boards der Ema.

Normalerweise gibt die Ema eine Empfehlung ab, ob ein Impfstoff in der EU zugelassen werden sollte. Allerdings können einzelne EU-Länder auch Notfallzulassungen erlassen. Für diesen Weg hat sich beispielsweise Ungarn entschieden. Dort wird Sputnik V bereits eingesetzt, auch Tschechien prüft eine nationale Zulassung.

In der Slowakei hat Sputnik V sogar eine Staatskrise ausgelöst, nachdem der slowakische Ministerpräsident Igor Matovič eigenmächtig Dosen des Impfstoffs bestellt hatte – nach Geheimverhandlungen mit Russland und gegen den ausdrücklichen Willen seiner Koalitionspartner, berichtet unter anderem die Deutsche Welle. Die ersten 200.000 Dosen des Impfstoffs sind bereits in der Slowakei eingetroffen.

Und es könnten noch mehr Dosen des russischen Impfstoffs nach Europa gelangen. EU-Vertreter teilten mit, Verhandlungen mit Impfstoffherstellern aufnehmen zu können, wenn mindestens vier Mitgliedsländer dies beantragen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Wirthumer-Hoche sprach im Zusammenhang mit der Notfallzulassung von Sputnik V in Ungarn von russischem Roulette. »Wir brauchen Unterlagen, die wir prüfen können«, sagte sie. Tatsächlich prüft die Ema derzeit eine mögliche Zulassung von Sputnik V in der EU. Wie zuvor vier andere Impfstoffkandidaten befindet sich Spuntik V im sogenannten Rolling-Review-Prozess, bei dem Studiendaten laufend bewertet werden und nicht erst, wenn alle für die Zulassung entscheidenden Informationen vorliegen.

Russland hatte Sputnik V bereits im vorigen Sommer zugelassen, obwohl bis dahin wichtige Tests noch nicht erfolgt waren. Das hatte international für heftige Kritik gesorgt. Anfang Februar wurden im medizinischen Fachblatt »The Lancet« Daten veröffentlicht, nach denen der Impfstoff zu 91,6 Prozent wirksam ist.

spiegel


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