Polizei nimmt Paris-Attentäter Salah Abdeslam fest
Insgesamt gab es bei der Polizeiaktion im Brüsseler Stadtteil Molenbeek drei Festnahmen. Wie Belgiens Regierungschef Charles Michel bei einer Pressekonferenz am Abend erklärte, wurde außer dem Hauptverdächtigen der Pariser Attentate vom November, Salah Abdeslam, noch zwei weitere Verdächtige festgenommen worden. Abdeslam überlebte einen Schusswechsel mit der Polizei leicht verletzt.
Wie n-tv Korrespondentin Fabricia Josten berichtete, wurde Abdeslam vor seiner Festnahme am Bein getroffen. "Wir haben ihn", teilte der belgische Einwanderungsminister Theo Francken mit. Belgiens Regierungschef Charles Michel verließ vorzeitig den EU-Gipfel zur Flüchtlingskrise und berief ein Krisentreffen ein. Auch Frankreichs Staatschef François Hollande, der sich wegen des Gipfels in Brüssel aufhielt, begab sich zu Michel. Der Einsatzort soll nach übereinstimmenden Medienberichten in der Rue des Quatre-Vents in Molenbeek liegen.
Die belgische Polizei starteten kurz nach der Festnahme einen weiteren Großeinsatz. Nach Angaben der belgischen Nachrichtenagentur Belga waren am Abend in der als Islamistenhochburg bekannten Brüsseler Gemeinde Molenbeek laute Explosionen zu hören. Ob sie von Spezialeinheiten der Polizei oder von Terroristen verursacht wurden, war zunächst unklar. Von der Staatsanwaltschaft gab es dazu zunächst keine Angaben.
Drei Tage nach einer blutigen Schießerei mit Terrorverdächtigen im wenige Kilometer entfernten Stadtteil Forest hatten Sicherheitskräfte offenbar Hinweise auf den Verbleib der Terrorverdächtigen in Molenbeek bekommen. Bei dem Einsatz am Nachmittag fielen nach Angaben des belgischen Radiosenders RTL mehrere Schüsse. Aus französischen Polizeikreisen verlautete, bei der Aktion Molenbeek habe es eine Festnahme und einen Verletzten gegeben. Ein dritter Verdächtiger habe sich noch verschanzt, hieß es. Der Einsatz dauert an.
Lokalen Medienberichten zufolge soll die Polizei bei dem Einsatz auch Blend- oder Tränengasgranaten verschossen haben. Die belgische Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort. Schwer bewaffnete Einsatzkräfte fuhren mit gepanzerten Fahrzeugen vor. Neben Polizeihunden kam auch eine Überwachungsdrohne zum Einsatz. Mit Schutzschilden und Schlagstöcken drängten Polizeibeamte die zahlreichen Schaulustigen zurück.
Erst wenige Stunden zuvor hatte die belgische Staatsanwaltschaft bekannt gegeben, dass in einer Wohnung im Brüsseler Stadtteil Forest im Süden der belgischen Hauptstadt Fingerabdrücke des flüchtigen Terrorverdächtigen Abdeslam gesichert worden sein. Beobachter hielten es danach für sehr wahrscheinlich, dass sich Abdeslam in der fraglichen Wohnung in Forest versteckt gehalten hatte. Nach der Schießerei vom Dienstag befanden sich zwei Tatverdächtige auf der Flucht.
130 Menschen auf dem Gewissen
Abdeslam ist einer der Hauptverdächtigen der November-Anschläge in Paris. Er soll die Attentäter, die sich vor dem Stade de France in die Luft sprengten, mit einem Auto zu dem Stadion gefahren haben. Danach floh er offenbar mit Komplizen nach Belgien. Bei den koordinierten Attacken hatten Islamisten am 13. November 2015 in Paris 130 Menschen getötet. Zu der schwersten Anschlagsserie in der Geschichte Frankreichs bekannte sich der IS. Mehrere der Attentäter von Paris stammten aus dem Brüsseler Problemviertel Molenbeek und waren den Sicherheitsbehörden bekannt.
Es sei "mehr als wahrscheinlich", dass Abdeslam am Dienstag bei der Fahndung geflohen sei, berichtete der staatliche belgische TV-Sender RTBF. Belgische und französische Polizisten hatten am Dienstag im Zuge der Ermittlungen zu den Pariser Anschlägen eine Wohnung im Stadtteil Forest durchsucht. Dabei gerieten sie unter Beschuss. Vier Polizisten wurden verletzt, einer von ihnen schwer.
Von Forest nach Molenbeek geflohen?
Ein Verdächtiger wurde bei diesem Schusswechsel in Forest getötet. Es handelte sich um den 35-jährigen Algerier Mohamed Belkaid, der sich illegal in Belgien aufhielt und den Behörden nicht bekannt war. Neben der Leiche des Algeriers fand die Polizei ein Schnellfeuergewehr vom Typ Kalaschnikow einschließlich Munition, eine Fahne der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) sowie ein Buch über den Salafismus.
Belkaid habe sich unter dem falschen Namen Samir Bouzid an der Vorbereitung der Anschläge vom 13. November beteiligt, teilte die belgische Staatsanwaltschaft mit. Der belgische Sender VRT berichtete am Freitag, Belkaid habe zudem auf Listen von Rekruten der IS-Miliz gestanden. Er habe sich als Selbstmordattentäter freiwillig gemeldet.
Zu den Selbstmordattentätern von Paris gehörte auch Abdeslams Bruder Brahim. Er wurde am Donnerstag in einer zurückgezogenen Zeremonie in Brüssel beigesetzt. Bereits in der vergangenen Woche wurde ein weiterer Attentäter, Bilal Hadfi, in der belgischen Hauptstadt bestattet. Der als Drahtzieher der Anschläge geltende Abdelhamid Abaaoud war wenige Tage nach den Anschlägen bei einem Polizeieinsatz in Saint-Denis nördlich von Paris getötet worden.